Ottakring
1147 erstmals urkundlich genannt, war Ottakring lange Zeit Gebiet der Weinbau- und Milchwirtschaft, lebte in Konkurrenz zur damaligen Nachbargemeinde Neulerchenfeld und wurde von verheerdenden Bränden schwer getroffen
Archivarbeit im Bezirksmuseum Ottakring, Foto: Klaus Pichler/Bezirksmuseum Ottakring

Archivarbeit im Bezirksmuseum Ottakring, Foto: Klaus Pichler

Ottakring als Ursprung des heutigen 16. Bezirkes wird urkundlich erstmals 1147 in einem Salzburger Traditionskodex erwähnt. Die damalige Schreibweise des Ortsnamens war „Otacherin“. Er leitet sich vom Namen des Anführers der Dorfgründer, Graf Otakar, ab. Diese ließen sich – aus Bayern kommend – um 1000 n. Chr. auf dem Höhenrücken zwischen Ameisbach und Ottakringer Bach nieder. Das entspricht dem Gebiet des heutigen Ottakringer Friedhofes.

Eine Urkunde aus 1230 liefert den Nachweis, dass die Ansiedlung „Otakringen“ über eine Kirche verfügte, die „Zu den sieben Nussbäumen“ genannt wurde und dem heiligen Lambert (Lamprecht) geweiht war. Damals übte bereits über diesen Teil des Wienerwaldes das Stift Klosterneuburg grundherrschaftliche Rechte aus.

Die Ottakringer:innen lebten vor allem von Weinbau und Milchwirtschaft. Allmählich entstand östlich der ursprünglichen Ansiedlung eine neue Siedlung entlang des Ottakringer Baches, die die 1416 geweihte Wolfgang-Kapelle einschloss. Brandschatzungen feindlicher Horden, wiederholter Ausbruch von Seuchen (Cholera und Pest), Missernten und Osmanische Belagerungen der nahegelegenen Reichs-Haupt- und Residenzstadt Wien (1529 und 1683) bedrohten im Verlauf der Jahrhunderte immer wieder die Existenz der Ottakringer:innen. Nach den Zerstörungen 1683 bauten die wenigen Überlebenden ihr altes Dorf nicht mehr auf, sondern siedelten sich links und rechts des seinerzeit frei fließenden Ottakringer Bachs an.

Gründung von Neulerchenfeld

Neulerchenfeld entstand ab etwa 1695, als der Propst des Stiftes Klosterneuburg, Christoph II. Matthäi, Bauparzellen im Osten des Gemeindegebietes an Zuzügler vergaben. Die neue Siedlung umfasste ca. 150 Grundstücke entlang dreier paralleler Straßen der Oberen Gasse (Gaullachergasse), der Mittleren Gasse (Neulerchenfelder Straße) und der Unteren Gasse (Grundsteingasse) und wurde ursprünglich Unter-Ottakring bezeichnet. Im Laufe der Zeit setzte sich jedoch der auf die Flur bezogene Name Neulerchenfeld („die neue gemain auf dem lerchenfeldt“) immer mehr durch. Spannungen zwischen den Ortsbewohnern von Ottakring und Neulerchenfeld führten dazu, dass die Grundherrschaft 1703 der Bitte Letzterer um Gewährung eines eigenen Gemeindestatuts entsprach.

Zwei Brandkatastrophen

Ab etwa 1870 setzte die gründerzeitliche Bebauung ein und bewirkte die zunehmende Urbanisierung der Landschaft. Zwei Brand-Katastrophen unterbrachen die Entwicklung der aufstrebenden Dörfer: 1785 wurde Neulerchenfeld beinahe gänzlich und 1835 Ottakring zu 70% eingeäschert.

Ansonsten waren die Dorfgeschichten wie jene aller anderen Vororte eingebettet in den Fluss der Historie des Großraums Wien. Dieser wies markante regionale Ereignisse und Abläufe auf, die nicht selten von europäischer Tragweite waren. Sie reichen – im Zeitraffer – von der Errichtung des Linienwalls (1704) über die Kriege mit dem Napoleonischen Frankreich und die Besetzungen Wiens 1805 und 1809, den Wiener Kongress 1814 und die Neuordnung Europas, über die industrielle Entwicklung mit ihren gewaltigen wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen, über die Revolution(en) 1948, die neue Reichsverfassung und das Ende des Feudalismus, über Gründerzeit, Börsenkrach (1873), die ständige Zuwanderung verarmter Landbevölkerung, Arbeitslosigkeit, Wohnungsnot, Verelendung der Industriearbeiter, Verproletarisierung, Arbeiterbewegung, über die Konstituierung der Sozialdemokratischen Partei (1888/89) bis zur Eingemeindung der ehemaligen Niederösterreichischen Vororte, beschlossen 1890, wodurch Groß-Wien entstand, unterteilt in 19 Bezirke.

Auftrag des letzten Ottakringer Bürgermeisters: ein Buch über die Geschichte der Gemeinde

Anton Zagorski war der letzte Ottakringer Bürgermeister. In der letzten Sitzung der Gemeindevertretung am 17. April 1891 wurde ein Komitee gegründet „mit dem Mandate, für Verfassung einer Gemeindegeschichte und Beschaffung der hierzu erforderlichen Mittel Sorge zu tragen“. Dieses Zitat stammt aus dem Buch: „Geschichte der Gemeinde Ottakring“, die zu schreiben Karl Schneider beauftragt worden war. Wahrscheinlich 1892, im Erscheinungsjahr, überreichte Zagorski ein ledergebundenes Exemplar der „Geschichte Ottakrings“ dem Wiener Bürgermeister Dr. Johann Nepomuk Prix.

Das Buch Geschichte der Gemeinde Ottakring von Karl Schneider (Selbstverlag des Comité d. Gemeinde Ottakring, 1892) in der Wien Bibliothek

Modernisierungsschub nach Eingemeindung und verheerende Kriegsjahre

Ab dem 1. Jänner 1892 bestimmten Politik und Verwaltungsmaßnahmen der Reichs-Haupt- und Residenzstadt Wien die weitere Entwicklung Ottakrings ebenso wie aller anderen Bezirke. Zunächst setzte ein Modernisierungsschub samt Ausbau der kommunalen Infrastruktur ein, die Bevölkerung wuchs durch Zuwanderung enorm an. Dann jedoch erschütterten die beiden Weltkriege die Geschichte. Gegen des Zweiten Weltkriegs erfolgen besonders schwere Luftangriffe auf Ottakring. Die Bezirke 6, 14, 15 und 16 bildeten ab September den französischen Sektor der alliierten Besatzung. Die Bürger-Schule am Schuhmeierplatz wurde Sitz der französischen Kommandantur bis 1955.

Das Bezirkswappen

Bezirkswappen von Ottakring

Das Wappen von Ottakring erinnert an die Zeit vor 1848, als das Stift Klosterneuburg die Rechte der Grundherrschaft über das Dorf ausübte: Infel (zeremonielle Kopfbedeckung eines Bischofs oder Abtes) und Kreuz sind als Symbole geistlicher Macht über die Berge Ottakrings gesetzt.

Im Wappen des Bezirksteils Neulerchenfeld spiegeln sich die beiden Ansichten über die Entstehung des Wortes Lerchenfeld wieder. Die einen leiten den Namen von einer Gepflogenheit des kaiserlichen Hofes ab, der einst auf den weiten Feldern dieses Gebietes dem Lerchenfang gehuldigt haben soll. Die anderen führen die Bezeichnung auf einen Lärchenwald zurück, der sich angeblich zwischen Ottakring und dem Neudeggergrund (heute Teil des 7. Bezirks) ausgebreitet hat. In beiden Fällen handelt es sich um Vermutungen. Das Wappen zeigt drei Vögel (Lerchen) und einen Baum (Lärche, Symbol des Waldes).

Weiterführende Informationen zur Bezirksgeschichte von Ottakring

Literatur:

F. Czeike, Ottakring, Wiener Bezirkskulturführer, 1981; W. W. Weiss, Die Kuffner-Sternwarte, Wiener Bezirkskulturführer, 1984; F. Czeike und W. Lugsch, Studien zur Geschichte von Ottakring und Hernals (1840-1910), 1955; F. Czeike, Historisches Lexikon Wien, 5 Bände, 1992-97.

Online:

geschichtewiki.wien.gv.at

Wien Bibliothek im Rathaus online:

Jakob Blümel: Die Geschichte der Entwicklung der Wiener Vorstädte: nach authentischen Quellen zusammengestellt

Leopold Berg: Wien und die Vereinigung der Vororte