Margareten

Der nachfolgende Text und die Bebilderung wurde anläßlich des 130jährigen Bestehens von Margareten als eigenständiger Bezirk vom damaligen Museumsleiter Herrn Oberarchivrat Dr. Wolfgang Mayer verfasst.

Herausgeber der Festschrift 1992 war der Museumsverein Margareten, 1050 Wien, Schönbrunner Straße 54.

Die Entstehung des Bezirkes Margareten

Zu den wenigen bleibenden Errungenschaften des Revolutionsjahres 1848 gehörte die Aufhebung der Grunduntertänigkeit. In Vollziehung dieser Maßnahme erfolgte ein Jahr später eine Neuordnung der Verwaltung mit der modernen politischen und autonomen Gemeinde als unterster Verwaltungseinheit. Aufgrund der provisorischen Gemeindeordnung von Wien vom 6. März 1850 wurden die 34 Vorstädte, die innerhalb des 1698 festgelegten Burgfriedensrayons bzw. des 1704 angelegten Linienwalles lagen, mit der Stadt Wien vereinigt. Sie wurden in acht Bezirke eingeteilt, deren Grenzen entlang der radialen Ausfallsstraßen verliefen. Der heutige 5. Bezirk gehörte damals zu dem im Süden und Südwesten weit über den Linienwall, die heutige Gürtelstraße, hinaus über noch unverbautes Gebiet reichenden 4. Bezirk Wieden. Zwölf Jahre später, nämlich 1862, wurde Margareten ein eigenständiger Bezirk.

Debatten um die Teilung des 4. Bezirkes im Gemeinderat

Die große Ausdehnung des 4. Bezirkes Wieden, die eine ökonomische Verwaltung behinderte, die Möglichkeit einer leichteren Überwachung und die Rücksichtnahme auf historisch gewachsene soziale, wirtschaftliche und bauliche Unterschiede ließen eine Änderung der Bezirkseinteilung des Jahres 1850 in Anlehnung an die bereits bestehenden Polizeibezirke Wieden und Margareten als notwendig erscheinen. Nachdem bereits die k.k. Statthalterei am 24. August 1861 sich der vom Gemeinderat in seiner Sitzung am 2. August 1861 geäußerten Ansicht angeschlossen und eine Teilung des bisherigen 4. Gemeindebezirkes vorgeschlagen hatte, stellte der Gemeinderat Dr. Klucky in der Sitzung vom 8. Oktober 1861 den Antrag auf Bildung eines selbständigen 5. Bezirkes Margareten wie folgt: Der Bezirk soll nach der Breite geteilt werden.
Für den inneren Bezirk mit ca. 55. 000 Bewohnern sollen 15, für den äußeren mit ca. 38.000 Bewohnern sollen 12 Bezirksausschüsse gewählt werden. Der innere Bezirk soll den Namen Wieden und die Zahl 4, der äußere den Namen Margareten und die Zahl 5 erhalten.

Dieser Vorschlag wurde noch in derselben Sitzung mit überwiegender Mehrheit zum Beschluss erhoben, nachdem bereits vorher darüber lange verhandelt und noch während der Gemeinderatssitzung heftig diskutiert worden war. Das Hauptproblem war dabei, ob die Teilung eines Bezirkes überhaupt zulässig sei – wobei man auf die §§ 3 und 60 der Gemeindeordnung des Jahres 1850 verwies – und, wenn eine Teilung juristisch möglich sei, auf welche Weise diese erfolgen sollte. In der Debatte bezeichnete Gemeinderat Göri den Antrag als ungesetzlich, denn die Gemeindeordnung sehe nur eine Unterteilung eines Bezirkes vor, jedoch nicht die Schaffung eines neuen Bezirkes. Der schöne, große Bezirk Wieden, meinte er, soll nun in zwei hässliche winzige Bezirke geteilt werden. Dem entgegen stellte Gemeinderat Frühwald fest, dass bereits die Statthalterei, welcher die Interpretation und Wahrung der Bestimmungen der Gemeindeordnung zufalle, der beantragten Teilung zugestimmt habe, womit auch die Legalität gesichert sei. Trotzdem beantrage Göri, den Bezirk Wieden in seinem bisherigen Umfang beizubehalten und lediglich hinsichtlich der Verwaltung eine Bildung von zwei Unterabteilungen des 4. Bezirkes – mit den Bezeichnungen A und B – zu beschließen.
Die Erörterung der Frage, in welcher Form der Bezirk geteilt werden solle, führte zu einer hitzigen Debatte.

Der Referent Dr. Klucky zog die Quer- einer Längsteilung aus folgenden Gründen vor:

Bei der Einteilung des Bezirkes Wieden in zwei Polizeibezirke wurden die hierauf bezüglichen Verhältnisse einer sorgfältigen und allseitigen Würdigung unterzogen, und schon damals entschied man sich für die Teilung nach der Breite (von der Kettenbrückengasse durch die Lumperts-, Kleine Neugasse über den Mittersteig durch die Piaristen-, Ziegelofen- und blecherne Thurmgasse über den Linienwall bis zur Ecke des Matzleinsdorfer Kirchhofes).
Hierdurch würde die schon bestehende Einteilung der Polizeibezirke beibehalten und dadurch der administrative und Geschäftsverkehr der dortigen Bewohner wesentlich erleichtert.
Durch die Abteilung nach der Breite würde der Bezirk Wieden in zwei mehr abgerundete Teile geteilt, wodurch die der ökonomischen Verwaltung hinderliche große Längsausdehnung des Bezirkes beseitigt würde.

Die derzeit bestehenden Gemeinden würden nicht zerrissen, und namentlich die Gemeinde Wieden beinahe ganz vereinigt bleiben, welche bei der Längsteilung in zwei Teile getrennt würde.
Die Verwaltungsinteressen des auswärtigen Bezirkes würden besser gefördert werden, wenn er für sich allein besteht, als wenn derselbe zu zwei Teilen des inneren Bezirkes, welche den überwiegenden Anteil der beiden neuen Bezirke bilden würden, angehängt würde.
Endlich haben sich sämtliche Gemeindevorstände des Bezirkes Wieden, welche der Beratung zugezogen wurden, und welche gewiss am besten in der Lage sind, die praktischen Bedürfnisse ihrer Gemeinden zu beurteilen, bis auf einen für die Querabteilung ausgesprochen.

Hatten einige Gemeinderäte diesem Antrag widersprochen, verwiesen die den Antrag unterstützenden Gemeinderäte – die von vornherein die Mehrheit bildeten – vor allem auf die ungünstige Arrondierung der durch eine Längsteilung entstehenden Bezirke. Dies wäre für die Verwaltung von großem Nachteil, außerdem würde die beantragte Teilung die Vorstädte Matzleinsdorf, Hundsturm und Reinprechtsdorf besser berücksichtigen, der Einwohnerzahl, Bevölkerungsdichte und Häuserzahl mehr Rechnung tragen und die bereits bestehenden Einrichtungen am ehesten schonen. Dem gegenüber bezeichnete die sehr rege Opposition vor allem die neue Grenzlinie als unnatürlich und trat für die Wiedner Hauptstraße als Bezirksgrenze ein. Trotz dieser Einwände wurde die vom Referenten Dr. Klucky gestellten Anträge mit überwältigender Mehrheit vom Gemeinderat angenommen.

Blick in die Dauerausstellung des Bezirksmuseums Margareten, Foto: Klaus Pichler

Schaffung des 5. Bezirkes Margareten

Aufgrund des in der Sitzung am 8. Oktober 1861 vom Gemeinderat gefassten Beschlusses wurde nun die Teilung des 4. Bezirkes nicht wie bei den früheren Bezirksabteilungen in Längsrichtung, sondern in Querrichtung vorgenommen: Kettenbrückengasse, heutige Margaretenstraße, Kleine Neugasse, Mittersteig, Ziegelofengasse, Blechturmgasse bis über den Linienwall zum Katholischen Matzleinsdorfer Friedhof; diese Grenzlinie trennt den vor allem von Bürgern bewohnten stadtnahen 4. Bezirk Wieden von dem vorwiegend von Taglöhnern besiedelten peripheren 5. Bezirk Margareten. Damit kamen die ehemaligen Vorstädte Hundsturm, Laurenzergrund, Margareten, Matzleinsdorf, Nikolsdorf und Reinprechtsdorf sowie Teile der Vorstädte Hungelbrunn und Wieden zum neugeschaffenen 5. Bezirk. Da jedoch bei der Teilung des ehemaligen 4. Bezirkes das Gebiet außerhalb des Linienwalles unberücksichtigt geblieben war, setzte der Gemeinderat in seiner Sitzung vom 8. Juli 1862 auch die Grenze in diesem Gebiet entlang der Laxenburger Straße bis zum Wienerberg fest.

Bereits am 17. Mai 1862 (mit Bestätigung der niederösterreichischen Statthalterei vom 6. Juni 1862) wurde der bisherige Grundrichter von Margareten, der Apotheker Eduard Brandmayer, zum ersten Bezirksvorsteher des neugeschaffenen Bezirkes Margareten gewählt. Die feierliche Angelobung und Installierung des neugewählten Bezirksvorstehers und der Bezirksausschüsse erfolgte am 18. Juni 1862 im Gemeinderatssitzungssaal des Alten Rathauses. Am 23. Juni nahm die Bezirksvertretung im damaligen provisorischen Gemeindehaus, dem 1857 eröffneten Schulgebäude, in Nikolsdorf Nr. 9 (heute Nikolsdorfer Gasse 18) ihre Tätigkeit auf. Erst 1867 konnte das neue Amtshaus in der Schönbrunner Straße 54 bezogen werden, das 100 Jahre später – nach einer gründlichen Restaurierung unter der Leitung der Architektin Herta Pella – 1968 von Bürgermeister Bruno Marek neu eröffnet wurde.

Eigentlich hat der 5. Bezirk mehrere Geburtstage: Erstens die am 24. August 1861 erfolgte Genehmigung der Teilung des 4. Bezirkes durch die niederösterreichische Statthalterei, zweitens den am 8. Oktober 1861 gefassten Beschluss des Wiener Gemeinderates, drittens die am 18. Juni 1862 vorgenommene Konstituierung der Bezirksvertretung, viertens die am 23. Juni erfolgte Aktivierung des 5. Bezirkes und zuletzt die Abhaltung der ersten öffentlichen Sitzung der Bezirksvertretung am 6. Oktober 1862.

Die Zeit bis zum Ersten Weltkrieg

Der 5. Bezirk wies bei seiner Gründung noch vorwiegend ländlichen Charakter auf. Wie man aus den zeitgenössischen Plänen ersehen kann, verliehen vor allem die gegen den 1704 angelegten Linienwall befindlichen Grünanlagen und Gärten, Wiesen, Äcker und Gemüsefelder dem südwestlichen Teil des Bezirkes ihr Gepräge. Der nach seinem Besitzer Gottfried Parisi benannte „Pariser Garten“ (Siebenbrunnenfeldgasse 20) zeigt dies deutlich. Der dem Winklerschen Häuserschematismus von 1863 beigegebene Plan dokumentiert eindrücklich, dass die Vorstädte Wieden, Nikolsdorf, Margareten, Reinprechtsdorf und Hundsturm bereits annähernd zusammengewachsen waren. Bereits aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts stammen auch die Mietshäuser im Kettenbrückenviertel, weiters in der Grohgasse und die Bebauung der Johannagasse (letztere wurde durch zahlreiche Neubauten nach dem Zweiten Weltkrieg fast vollkommen erneuert) und als ein besonders markantes Beispiel die bürgerlichen Vorstadthäuser in der Krongasse. Dagegen war das Gebiet zwischen Nikolsdorfer Gasse – Wiedner Hauptstraße – Reinprechtsdorfer Straße – Siebenbrunnengasse, mit Ausnahme der Zeilenverbauung entlang der Nikoldorfer Gasse und heutigen Wiedner Hauptstraße, fast völlig unverbaut. Ähnlich war die Situation im Raum zwischen der heutigen Margaretenstraße und der Siebenbrunnengasse. Die Reinprechtsdorfer Straße war nur in ihrem unteren Verlauf verbaut. Die meisten vorhandenen Gassen endeten noch als Sackgassen.

Margareten war zunächst ein Handwerkerbezirk, der sich im 19. Jahrhundert immer stärker zu einem Arbeiterbezirk entwickelte. Mit der zunehmenden Industrialisierung vollzog sich bis zur Jahrhundertwende in vielfältiger Hinsicht der Wandel von noch ländlichen Vorstädten zu einem immer dichter verbauten Großstadtbezirk. 1869 wohnten in 921 Häusern rund 54.000 Einwohner. In der Folge kam es zu einem raschen Wachstum, so dass bis 1890 die Einwohnerzahl um 55% auf rund 84.000, die Häuserzahl aber nur um nur 51% auf 1393 stieg, obwohl sich die Gesamtfläche durch Gebietsabtretung des außerhalb des Linienwalles gelegenen, zur Vorstadt Matzleinsdorf gehörenden Teiles an den 1874 neugeschaffenen 10. Bezirkes verringert hatte. Um die Jahrhundertwende erreichte Margareten mit 106.647 Einwohnern den Höchststand. Durch Abtretung des außerhalb des Gürtels gelegenen Teiles der ehemaligen Vorstadt Hundsturm („Neumargareten“) an den 12. Bezirk reduzierte sich 1907 die Fläche. Die Einwohnerzahl sank von 104.421 im Jahre 1910 kontinuierlich auf unter 80.000 im Jahre 1934.

Die Wohnverhältnisse

Mit der rapiden Bevölkerungsentwicklung in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts konnte die Bautätigkeit bei weitem nicht Schritt halten, so dass auch nach der Jahrhundertwende trotz sinkender Bevölkerungszahl der Bedarf an Wohnungen nach wie vor sehr groß blieb. 1900 zählte Margareten 1579, zehn Jahre später – nach Abtretung „Neumargaretens“ an den 12. Bezirk – 1563 Häuser. Die Anzahl der Wohnungen nahm in diesem Zeitraum geringfügig zu und stieg von ungefähr 25.300 im Jahre 1900 auf fast 26.000. Die ungünstige Wohnsituation stellte ein besonderes Problem in diesem Bezirk dar. Eine durchschnittliche Wohnung bestand um die Jahrhundertwende aus Zimmer und Küche und beherbergte mehr als vier Personen. Womit Margareten beim Wohnungsbelag über dem Wiener Durchschnitt lag.
Die 1900 vorhandenen ungefähr 25.300 Wohnungen verfügten über insgesamt 74.546 Wohnungsbestandteile: 24.593 Küchen (somit hatte nicht einmal jede Wohnung eine Küche), 30.283 Zimmer, 15.656 Kabinette und 4.014 Vorzimmer; der häufigste Wohnungstypus war also die Zimmer-Küche-Wohnung. Die Bautätigkeit bis zum Jahre 1910 brachte zwar zahlreiche Veränderungen, doch änderte sich an der grundsätzlichen Struktur nichts. Die Zahl der Wohnungsbestandteile stieg auf 91.064, was vor allem auf Wohnungszusammenlegungen und den Bau von großen Wohnungen zurückzuführen sein dürfte.

In dieser Zeit wurden im Bezirk einige bedeutende Einrichtungen geschaffen: ein Waisenhaus (1864), ein Armenhaus und das Hartmannspital (1865). 1867 wurde das neue Amtshaus in der Schönbrunner Straße 54 bezogen, 1872 das Margaretenbad eröffnet. Erst relativ spät, im Jahre 1899, wurde in Margareten die Gasbeleuchtung eingeführt und 1911 die Einwölbung des Wienflusses vorgenommen. Zwei Jahre davor hatte der Wiener Volksbildungsverein die Volkshochschule in der Stöbergasse 11–15 eröffnet. Ein neues, den geänderten Bedürfnissen gerecht werdendes Gebäude wurde im September 1978 in Betrieb genommen. Zur Erinnerung an die ehemalige Siebenbrunner Wasserleitung und zu Ehren des in diesem Bezirk erstmals zum Reichratsabgeordneten gewählten christlichsozialen Bürgermeisters Dr. Karl Lueger wurde nach dem Margaretenbrunnen 1904 auf dem Siebenbrunnenplatz ein zweiter großer Brunnen geschaffen, der die Vindobona zeigt, darunter das Wappen der im 5. Bezirk vereinigten Vorstädte sowie ein Relief des Bürgermeisters.

Verkehrserschließung

Dem steigenden Bevölkerungszuwachs um die Jahrhundertwende musste auch in verkehrstechnischer Hinsicht entsprochen werden. Bereits 1877 wurde die Konzession zur Errichtung einer Pferdeeisenbahnlinie von der Ringstraße zur Hundsturmer Linie erteilt; etwas später wurde eine Linie von der Kärntner Straße zur Matzleinsdorfer Linie, dem heutigen Matzleinsdorfer Platz, geführt. Mit der Eingemeindung der Vororte, etwa der heutigen Bezirke 11 bis 19, in den Jahren 1890/92 konnten endlich einige Großbauvorhaben verwirklicht werden: Die mit Gesetz vom 18. Juli 1892 ins Leben gerufene Kommission für Verkehrsanlagen führte die Regulierung des Wienflusses und den Bau der Stadtbahn als bedeutendes Massenverkehrsmittel durch, auf deren Wiental- und Donaukanaltrasse seit 1980 die U4 fährt. Ursprünglich sollte die Gürtellinie der Stadtbahn von der Haltestelle Gumpendorfer Straße in Richtung Meidlinger Südbahnhof bzw. Matzleinsdorfer Platz verlängert werden. Gleichzeitig mit dem Bau der Stadtbahn wurde nach dem Abbruch des Linienwalles die Gürtelstraße angelegt. An das Bestehen des Linienwalles erinnert heute noch der Schönbrunner Hof (Schönbrunner Straße 141) mit der auf der Fassade befindlichen Inschrift „Zur alten Schönbrunner Linie“ sowie die 1759 erbaute Hundsturmer (Schönbrunner) Kapelle, die sich als einzige Linienkapelle an ihrem ursprünglichen Standort und im Originalzustand erhalten hat. Im Zuge der allgemeinen Elektrifizierung der Straßenbahn wurden die durch den 5. Bezirk führenden Linien im Jahre 1902 auf elektrischen Betrieb umgestellt, während die Stadtbahn erst 1925 folgte. Im 19. Jahrhundert führte auch die Wiener Allgemeine Omnibus-AG eine mit Pferden betriebene Omnibuslinie nach Matzleinsdorf. Vor mehr als 100 Jahren nahm die aus dem Südraum kommende Badner Bahn den Betrieb auf der Strecke Baden – Wien-Meidling auf und fährt seit fast 100 Jahren auch durch Margareten.

Politische Verhältnisse

Erst seit 1890 sind wir näher unterrichtet. Bei den Wahlen in den Gemeinderat im April 1891 wurden in den drei Wahlkörpern je sechs Mandate mit Funktionsdauer bis 1897 vergeben. Diese der Christlichsozialen Partei angehörenden Gemeinderäte waren Hausbesitzer und Gewerbetreibende. Erst das Jahr 1906 brachte die Durchbrechung der christlichsozialen Front in Margareten, als im seit 1900 eingeführten 4. Wahlkörper der Privatbeamte Franz Domes zum Vertreter der Sozialdemokratischen Partei gewählt wurde. Im Jahre 1910, dem Todesjahr des Bürgermeisters Dr. Karl Lueger, war der Bezirk Margareten in vier Wahlkörper mit insgesamt acht Gemeinderäten, und zwar im 1. und 2. Wahlkörper mit je zwei, im 3. Wahlkörper mit drei und im 4. Wahlkörper mit einem Gemeinderat vertreten. Das bis 1919 bestehende, der Bevölkerungsanzahl nicht Rechnung tragende Wahlrecht sicherte den Christlichsozialen bis dahin ihre dominante Stellung. Doch seit der Einführung des allgemeinen Wahlrechts in Wien im Jahre 1919 – im Reichsrat bereits 1907 – hatte Margareten mit der Ausnahme der Jahre 1934 bis 1945 nur sozialdemokratische Bezirksvorsteher, deren erster Albert Hummel war. Von den aus dem 5. Bezirk in den Gemeinderat entsandten neun Mandataren gehörten sechs der Sozialdemokratischen und drei der Christlichsozialen Partei an. Von den 28 Bezirksräten waren 17 Sozialdemokraten, acht Christlichsoziale, während zwei der „Partei der sozialistischen und demokratischen Tschechoslowaken“ und einer der „Deutschnationalen Partei“ angehörten.

Zwischenkriegszeit

Obwohl die Bevölkerung abnahm, war der Nachholbedarf im Wohnungsbau relativ groß. Die Zahl der Häuser stieg von 1910 bis 1923 von 1563 auf 1626 und blieb mit 1618 Häusern im Jahre 1934 trotz starker kommunaler Bautätigkeit fast gleich. Dies hat zwei Gründe: Erstens wurde damals in großen Wohnblöcken gebaut, so dass sich bis 1929 trotz reger Bautätigkeit die Zahl der Häuser nur um neun erhöhte; zweitens wurden im Gegensatz zur Vorkriegszeit die Häuser allgemein höher gebaut, Stockwerke aufgesetzt bzw. größere Häuser anstelle kleinerer Bauten errichtet. Ein Vergleich der Situation in den Jahren 1900 und 1910, zeigt Folgendes: Während 1900 103 ebenerdige, 247 einstöckige, 262 zweistöckige, 587 dreistöckige, 350 vierstöckige und 30 fünf- bzw. sechsstöckige Häuser vorhanden waren, sank in den folgenden zehn Jahren die Zahl der ebenerdigen, ein- oder zweistöckigen Häuser (auf 68, 192 bzw. 246), während die Anzahl der mehr-, vor allem der vierstöckigen Häuser entsprechend zunahm.

Kommunaler Wohnbau

Infolge der großen Wohnungsnot wurde nach dem Ersten Weltkrieg der Wohnungsbau zum Hauptanliegen der sozialdemokratischen Kommunalverwaltung. Mit ihrem Sozialen Wohnbauprogramm, das zunächst durch Anleihen, seit 1923 unter anderem aus Mitteln der Wohnbausteuer finanziert und in der Folge im Ausland vielfach nachgeahmt wurde, gelang es, bis 1934 in ganz Wien über 63.000 Wohnungseinheiten zu errichten. Durch den Ankauf des sogenannten „Drasche-Gürtels“, der sich, von Meidling bis Kaiserebersdorf eine Gesamtfläche von 800.000 m² umfassend, auch über Margaretner Gebiet erstreckte, bot sich die Möglichkeit, hier im 5. Bezirk große kommunale Wohnhausanlagen zu errichten: den als Mietshaus konzipierten, 1919/20 begonnenen und von der Gemeinde Wien fertiggestellten Metzleinstaler Hof als ersten Wohnhausbau der Gemeinde überhaupt mit 252 Wohnungen (1923/24), den Reumannhof mit 483 Wohnungen (1924), den Julius-Popp-Hof mit 400 Wohnungen (1926), den Herweghhof mit 220 Wohnungen (1927), den Matteottihof mit 335 Wohnungen (1927), den Julius-Ofner-Hof mit 173 Wohnungen (1930). Diese Gemeindebauten fanden über die Bezirksgrenzen hinaus Anerkennung, kamen hier doch völlig neue Gesichtspunkte in dem bisher rein privatkapitalistisch ausgerichteten Wohnungsbau mit seinen Mietkasernen zur Anwendung. Zum Unterschied von den Mietskasernen der Gründerzeit mit einer nach der alten Bauordnung zugelassenen 85% Verbauung strebte man bei den kommunalen Wohnbauten eine wesentlich geringere – nur in Ausnahmefällen über 50% gehende – Verbauungsdichte an. Die größeren Grundflächen wurden durch dazwischenliegende Grünflächen und Höfe aufgelockert. Wegen des akuten Wohnungsmangels wurden vor allem Klein- und Kleinstwohnungen – im allgemeinen zwischen 21 m² und 50 m² – errichtet; diese Wohnungen hatten jedoch direkt belichtete Haupträume und waren mit einem eigenen Wasseranschluss und sanitären Anlagen ausgestattet. Häufig wurden die Wohnungen mit einer Loggia, einem Balkon oder Erker versehen, um den Bau architektonisch aufzulockern. Zentrale Waschküchen mit modernster Ausstattung sowie Bäder und soziale Folgeeinrichtungen wie Kindergärten und Büchereien waren ein wichtiger Bestandteil der größeren Wohnblocks. Die zunehmende Verschärfung der linnenpolitischen Situation in der Zwischenkriegszeit gipfelte schließlich im Bürgerkrieg des Jahres 1934. Dabei kam besonders dem Reumannhof als Hauptstützpunkt des Republikanischen Schutzbundes zentrale Funktion zu. Am 12. Februar 1934 brachen hier um 14 Uhr die Kämpfe aus, als Polizeieinheiten versuchten, den Reumannhof zu besetzen. Trotz Verstärkung und Militärassistenz gelang es der Polizei nicht, den Bau einzunehmen. Erst mit dem Zusammenbruch des Generalstreiks kapitulierten die Schutzbündler im Reumannhof. In Erinnerung an diese Ereignisse wurde 50 Jahre später, am 12. Februar 1984, vor dem Denkmal des Bürgermeisters Reumann eine Gedenktafel enthüllt.

Zweiter Weltkrieg und Kriegsende

Da das nationalsozialistische Regime an den Bezirksvertretungen kein Interesse hatte, wurden diese nach der Annexion Österreichs aufgelöst und den Bezirksvorstehern meist das Amt eines Vorstandes im Bezirkswohlfahrtsamt übertragen. Außerdem übernahmen politische Organisationen, Ortsgruppen und Kreisleitungen den Großteil jener Zuständigkeiten, die bisher den Bezirksvorstehungen oblagen. Das Amtsgebäude der ehemaligen Bezirkshauptmannschaft für den 4. und 5. Bezirk wurde am 4. April 1945 vom Volkssturm und der SS besetzt, um sich für die Verteidigung vorzubereiten; Panzerfäuste und Munition wurden in das Haus geschafft, doch es kam zu keinen Kampfhandlungen im Bereich des Amtshauses. Die Volkssturmeinheiten ergriffen während eines Luftangriffes die Flucht vor den anrückenden sowjetischen Truppen. Am 10. April 1945 traf die sowjetische Armee in Margareten ein und errichtete in der Oberen Amtshausgasse 3-5 (ehemaliges Arbeitsamt) die russische Kommandantur. Im selben Gebäude wurde auch die Polizei provisorisch untergebracht. Das Amtshaus wurde einer Überprüfung nach Waffen unterzogen, wobei die Innenräume stark beschädigt wurden. Kurze Zeit später ließ sich im Amtshaus ein Freiheitskomitee nieder, aus dessen Kreis der sowjetische Ortskommandant noch im April Fritz Lendvai zum Bezirksbürgermeister bestellte;

Mit Hilfe einiger freiwilliger Helfer aus den drei politischen Parteien – zeitweise waren es bis zu 200 ehrenamtliche Mitarbeiter – übte er die ihm übertragenen Agenden (vor allem Angelegenheiten des Wohnungswesens, der Lebensmittelversorgung sowie der öffentlichen Sicherheit) aus. Dagegen war den Organen des Magistrates zunächst der Zugang zum Amtshaus zunächst verwehrt.
Erst als die magistratischen Bezirksämter im Juli ihre Verwaltungsfunktionen allmählich zurückgewannen und sich auch die Besatzungsmächte der in der Verwaltungspraxis erfahrenen Organe der magistratischen Bezirksämter bedienten, traten die Bezirksbürgermeister in ihrer Bedeutung zurück. Mit der Inkraftsetzung der Verfassung der Stadt Wien wurden vom Bürgermeister anstelle der Bezirksbürgermeister wieder Bezirksvorsteher berufen, die – von den politischen Parteien vorgeschlagen – der Genehmigung durch den Stadtkommandanten General Blagodatow bedurften. Von den neu bestellten Bezirksvorstehern gehörten elf der sozialistischen Partei, sieben der Kommunistischen Partei und drei der österreichischen Volkspartei an. Die Bezirksvorsteher hatten zwei Stellvertreter, die jeweils von den beiden anderen Parteien bestellt wurden. Im Juli 1945 wurde der Margaretner Bezirksbürgermeister Lendvai (KPÖ) von Bezirksvorsteher Max Tober (SPÖ) abgelöst, Stellvertreter wurden Ludwig Summer (KPÖ) und Friedrich Fekel (ÖVP).

Mit dem Ende der Kampfhandlungen konnte man sich erst ein genaues Bild vom Umfang der Schäden und Verwüstungen machen, die der Krieg in Margareten hinterlassen hatte. Überall lagen Schutt und Trümmer, der Bereich des Gürtels bei der Südbahn und dem Frachtenbahnhof am Matzleinsdorfer Platz sowie der Raum des Wienflusses waren von Zerstörungen am stärksten betroffen. Die meisten Straßen waren unpassierbar, kein Licht, kein Gas und keine Verkehrsmittel waren vorhanden, die Parkanlagen dienten als Ablagerungsstätten für Schutt und Müll. Obdachlosigkeit, Krankheit, Hunger und ein fürchterliches Chaos charakterisierten die unmittelbare Nachkriegszeit.

Die Vertreter der drei demokratischen Parteien traten sofort nach Kriegsende zu Besprechungen zusammen und richteten im Einvernehmen mit der russischen Besatzungsmacht im Amtshaus in der Schönbrunner Straße 54 eine provisorische Bezirksverwaltung ein, welche, da noch keine Verbindung mit dem Rathaus bestand, vorerst auf sich allein gestellt war. Trotzdem wurde sofort mit den notwendigsten Aufräumungsarbeiten begonnen. Oft nur mit den primitivsten Werkzeugen und Behelfen ausgestattet, arbeitete die Bevölkerung des Bezirkes trotz Hungers und Entbehrungen mit, wenigstens die Hauptstraßen des Bezirkes freizulegen. Sehr erschwert wurde die Arbeit allerdings durch den Mangel an Transportmitteln: In Margareten gab es vorerst nur ein einziges Pferdefuhrwerk, das zum Kranken- und Leichentransport benötigt wurde. Da die Engländer aufgrund einer Vereinbarung zwischen den vier Besatzungsmächten erst im September den Bezirk von den Russen übernahmen – ihr Hauptquartier errichteten sie in der Volksschule Am Hundsturm 18, die im Zweiten Weltkrieg zuerst dem Luftgaukommando XVIII, dann als Feldpostsammelstelle diente – konnten sie zunächst nur wenig helfen. Trotzdem stellten sie bereits im August den leidgeprüften Margaretnern zwei voll ausgerüstete Ambulanzwagen zur Verfügung. Als im Juli der von Bürgermeister Körner neuernannte Bezirksvorsteher Tober die Amtsgeschäfte von Fritz Lendvai übernahm, gelang es mit tatkräftiger Unterstützung des britischen Militärkommandanten von Margareten, Captain Ripley und seines Nachfolgers Major Tree, die endgültige Säuberung des Bezirkes sowie die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln sicherzustellen. Mit Hilfe der von den Engländern zur Verfügung gestellten Bagger, Schlürfmaschinen und Lastkraftwagen sowie durch Einsatz von 37.611 Personen, die über 300.000 Arbeitsstunden leisteten, konnten die Aufräumungsarbeiten so schnell vorangetrieben werden, dass Margareten als erster Wiener Bezirk im September 1946 schuttfrei wurde. Dieser Erfolg wurde auch im Rahmen einer kleinen Feier am 19. September entsprechend gewürdigt, indem in der Nikolsdorfer Gasse im Beisein des Bürgermeisters, des britischen Bezirkskommandanten, des Bezirksvorstehers und des Leiters der Schuttaktion der letzte Wagen Schutt abtransportiert und eine kleine Broschüre über die Aufräumungsarbeiten in Margareten vorgestellt wurde. Nun erst konnte mit dem eigentlichen Wiederaufbau begonnen werden.

Nachkriegszeit

Mit der Bestellung einer provisorischen Stadtverwaltung bereits kurz nach der Einnahme Wiens durch die Sowjettruppen hatte die Stadt wieder eine Verwaltung erhalten. Auf Vorschlag der drei politischen Parteien bestellte der russische Stadtkommandant der Sowjettruppen, General Blagodatow, am 17. April 1945 eine aus sechs Angehörigen der SPÖ und je drei Angehörigen der ÖVP und der KPÖ bestehende provisorische Gemeindeverwaltung. Mit Gesetz vom 10. Juli 1945 wurde die Verfassung der Stadt Wien in der Fassung von 1931 wieder eingeführt. Zum Bürgermeister der Stadt Wien wurde General a. D. Dr. Theodor Körner (SPÖ), zu Vizebürgermeistern Leopold Kunschak (ÖVP), Paul Speiser (SPÖ) und Karl Steinhardt (KPÖ) ernannt.

Nachdem die provisorische österreichische Staatsregierung vom Alliierten Rat mit Beschluss vom 20. Oktober 1945 anerkannt worden war, waren die Voraussetzungen für die Abhaltung von allgemeinen Wahlen in Österreich geschaffen. Bei den am 25. November 1945 durchgeführten Wahlen für Nationalrat, Landtag und Gemeinderat wurde zum Unterschied von früher für den Wiener Landtag und Gemeinderat nicht nach Bezirken, sondern nach sieben Wahlkreisen gewählt. Margareten gehörte gemeinsam mit den Bezirken 10, 11 und Teilen der heutigen Bezirke 10 und 23 zum Wahlkreis V Südost.

Nach den Wahlen fanden Verhandlungen zwischen den politischen Parteien mit dem Ziel statt, die Bestellung der Bezirksvorsteher und Bezirksvertretungen entsprechend dem Wahlergebnis vorzunehmen. Die für das Gebiet des Wiener Wahlkreisverbandes über Vorschlag des Stadtsenates vom Bürgermeister neu bestellten Bezirksvorsteher und Stellvertreter – für Margareten Max Tober (SPÖ) sowie Leopold Berlinger (ÖVP) – wurden am 16. April 1946 angelobt. Die Angelobung der für jeden Bezirk ernannten provisorischen Bezirksräte, welche – im Bezirk wohnhaft – den Bezirksvorsteher bei der Durchführung seiner Agenden zu unterstützen hatten, fand am 14. Juni 1946 statt. Aufgrund der Landtags- und Gemeinderatswahlen vom 9. Oktober 1949 wurde Max Tober (SPÖ) wieder zum Bezirksvorsteher und der bereits während der letzten Periode (ab 27. Juli 1947) bestellte Julius Rasch (ÖVP) zum Stellvertreter ernannt. Letzterer schied durch Todesfall (6. November 1948) aus, seine Stelle übernahm (ab 17. Dezember 1948) Stefan Grünzweig (ÖVP).

Nachdem in den Nachkriegsjahren die Bezirksvertretung aufgrund des Ergebnisses der Gemeinderatswahl vom Bürgermeister bestellt worden war, wurde bei der Wahl vom 17. Oktober 1954 die Bezirksvertretung erstmals seit 1932 direkt von der Bevölkerung gewählt, und zwar nicht in sieben Wiener Wahlkreisen, sondern auf die 23 Wiener Gemeindebezirke aufgeteilt. Franz Grubeck (SPÖ) als Nachfolger des am 27. März 1950 verstorbenen Max Tober zum Bezirksvorsteher bestellt, wurde nun wie sein Stellvertreter Stephan Grünzweig erstmals von der aus 30 Mitgliedern bestehenden Bezirksvertretung gewählt.

Auf Bezirksvorsteher Franz Grubeck, der fast zwölf Jahre die Geschicke dieses Bezirkes führte, folgten 1962 Otto Josef Reisz und 1969 Johann Walter. Stefan Grünzweig wurde als Stellvertreter 1959 von Mag. Walter Felder abgelöst, dem Mag. Johann Wanzenböck für nur eine Periode folgte; 1983 übernahm Felder wieder die Funktion des Stellvertreters. Im Zuge der Übertragung zusätzlicher Agenden an die Bezirksvorstehungen und aufgrund einer vermehrten Mitsprache der Bürger im Bezirk wurde 1978 die Funktion eines zweiten Bezirksvorsteherstellvertreters geschaffen, und die Zahl der Bezirksräte von 30 auf 32 erhöht. Diese Zahl wurde aber aufgrund der starken Abnahme der Bevölkerung in Margareten nach der letzten Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahl am 24. April 1983 wieder auf 30 (17 SPÖ, 11 ÖVP, 1 FPÖ, 1 ALW) reduziert. Anstelle des 1983 verstorbenen Volksschuldirektors Alois Jaklitsch (SPÖ) folgte Ludwig Sailer als Stellvertreter. Für die folgende Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahl am 8. November 1987 wurde die Zahl der Mandate auf 40 (22 SPÖ, 12 ÖVP, 4 FPÖ, 2 GAL) erhöht. Am 14. Dezember 1987 wurde wieder Johann Walter zum Bezirksvorsteher, Ludwig Sailer zum Stellvertreter gewählt, anstelle von Walter Felder wurde nun Martina Pucher angelobt. Nach dem freiwilligen Rücktritt von Johann Walter wurde am 3. Oktober 1989 der frühere Klubobmann Kurt Heinrich zum Bezirksvorsteher, nach jenem von Ludwig Sailer am 11. Dezember 1990 Heinrich Koch zum Stellvertreter gewählt. Bei den Gemeinde- und Bezirksvertretungswahlen am 10. November 1991 errang die SPÖ mit 19 Mandaten nur die relative Mehrheit, die FPÖ mit 9 Mandaten die zweite Position, die ÖVP rutschte mit 8 Mandaten an die dritte Stelle ab, und auf die GAL entfielen 4 Mandate. Kurt Heinrich wurde wieder zum Bezirksvorsteher, Heinrich Koch zum Stellvertreter gewählt, an die Stelle von Martina Pucher (ÖVP) trat Dietmar Brandl (FPÖ).

Bauliche Entwicklung

Nach dem Krieg wurde die starke kommunale Bautätigkeit der Zwischenkriegszeit fortgesetzt; vor allem wurde der ehemalige Heu- und Strohmarkt mit einer aus neun Baugruppen bestehenden und 1365 Wohnungen umfassenden Großwohnhausanlage zwischen 1951 und 1955 verbaut. Mit dem weithin sichtbaren zwanziggeschossigen Hochhaus wurde ein neuer Baustil dokumentiert, der sich von der früher üblichen Wohnblockbauweise mit großen Innenhöfen loslöste und in einer aufgelockerten Bauweise mit Einzelhäusern günstigere Belichtungsmöglichkeiten bot. Auch bedeutende Verkehrsbauten, wie am Gürtel die Verlegung der Straßenbahn in den Untergrund, die Straßenunterführung am Matzleinsdorfer Platz und der Ausbau des Gürtels als Schnellstraße, wurden durchgeführt. Obwohl bis heute der Großteil des öffentlichen Verkehrs immer noch von den Straßenbahnen bewältigt wird, setzte schon damals bei den Wiener Verkehrsbetrieben eine Trendwende ein, indem im zunehmenden Maß Straßenbahnlinien auf den beweglicheren Autobusbetrieb umgestellt wurden. Die bereits vor dem Ersten Weltkrieg angelegten Straßenbahnlinien 13, 61 und 63 wurden in den Jahren 1951 bis 1961 aufgelassen und durch Autobusse ersetzt. Die Autobuslinie 61 wurde später in 59A umnummeriert, die Autobuslinie 63 im Jahre 1969 ersatzlos aufgelassen. Die vom Matzleinsdorfer Platz durch den Bezirk über die Reinprechtsdorfer Straße, Schönbrunner Straße, Brückengasse zur Gumpendorfer Straße nach Mariahilf führende Straßenbahnlinie 6 wurde 1969 über den Gürtel geleitet, statt dieser die Autobuslinie 14A eingeführt. Die Straßenbahnlinien 18, 62 und 65 konnten durch teilweise Verlegung in den Untergrund beschleunigt werden. Eine beträchtliche Verbesserung brachte die 1986 eingeführte, zunächst bezirksinterne, inzwischen bis zur Schmelz verlängerte Autobuslinie 12A, welche die unterversorgten Gebiete mit den Hauptverkehrsachsen verknüpft. Die Sanierung der Reinprechtsdorfer Straße und die Verbreiterung der Reinprechtsdorfer Brücke und der Pilgrambrücke sorgten für eine günstigere Verbindung mit dem 6. Bezirk für Individual- und öffentlichen Verkehr.

Im Vergleich zu Wien sank die Bevölkerung in Margareten seit dem Zweiten Weltkrieg überdurchschnittlich stark, und zwar um annähernd 30%. Wohnten 1951 noch 71.627 Einwohner in diesem Bezirk, so nahm die Bevölkerungszahl in den folgenden zehn Jahren um 2,9% auf 69.548 ab. In den weiteren beiden Dezennien setzte sich die Entwicklung verstärkt fort; 1971 wohnten (bei einer Abnahme von 13,3%) nur mehr 60.276 Personen in Margareten, zehn Jahre später waren es (bei einer Abnahme um 13%) trotz beträchtlicher Zunahme der Ausländer (vor allem Jugoslawen und Türken mit einem Bezirksanteil von 11,1%) sogar nur noch 52.436 Personen, so dass heute nicht einmal mehr der Stand des Jahres 1869 erreicht wird. Ein Trend, der in dieser Größenordnung auch weiter anhält. Im Jahr 2000 lag die Einwohnerzahl um die 50.000. Heute ist Margareten der achtkleinste, der Fläche nach mit 2,033 km² sogar der fünftkleinste Bezirk.

Die Überalterung des Baubestandes stellt in Margareten noch immer ein Problem dar, obwohl diese infolge von Abbrüchen und Errichtung von Neubauten abgenommen hat: Ungefähr 60%, 1971 waren es noch 70%, der rund 2.000 Gebäude wurden bereits vor dem Ersten Weltkrieg erbaut. Der Großteil der Wohnungen entfällt auf Mietwohnungen (75%), doch sind aufgrund der starken Bautätigkeit der Stadt Wien in der Zwischenkriegszeit in diesem Bezirk die kommunalen Wohnbauten relativ stark vertreten (17%). Eigentumswohnungen und Wohnungen im Besitze von gemeinnützigen Wohnbauvereinigungen gibt es in weitaus geringerer Anzahl. Obwohl mit Hilfe von öffentlichen Förderungsmitteln, vor allem aus dem Wiener Altstadterhaltungsfonds, zahlreiche Bauten renoviert werden konnten, weist der Bezirk noch alte Gebäude mit Substandardwohnungen auf. Das beste Beispiel für eine vorbildhafte Sanierung stellt der anstelle des ehemaligen Bräuhauses von den Architekten Ferdinand Fellner und Hermann Helmer 1884/85 als schlossartiger Komplex erbaute Margaretenhof dar, der von 1981 bis 1984 eine umfassende Restaurierung erfahren hat. Neben einer vollkommenen Erneuerung der Kanalisation sowie der Gas-, Wasser- und Elektroinstallationen wurden die Außenfassaden und die Stiegenhäuser mit dem reichhaltigen Schmuck instandgesetzt, die Einfassungen der Vorgärten vollkommen abgerissen und mit Betonkernen versehen, die Torpfeiler erneuert, die schmiedeeisernen Eingangstore restauriert und die bis auf die Stahlkonstruktion abgetragenen Holzbalkone durch neue, manuell hergestellte Balkone ersetzt. Diese Maßnahmen konnten mit Hilfe des § 7 des Mietengesetzes (24 Millionen Schilling) sowie durch großzügige Unterstützung seitens des Wiener Altstadterhaltungsfonds (65 Millionen Schilling) und des Bundes (1,1 Millionen Schilling) durchgeführt werden.

Die ungünstige bauliche Situation in Margareten veranlasste den Gemeinderatsausschuss für Stadtentwicklung und Stadterneuerung in der Sitzung am 14. August 1984, den östlich der Reinprechtsdorfer Straße und nördlich der Wiedner Hauptstraße liegenden, über die im Jahre 1975 festgelegte Schutzzone hinausreichenden Teil des Bezirkes als „Margareten-Ost“ zum damaligen zweitgrößten Stadterneuerungsgebiet in Wien zu erklären. Das von der Bezirksgrenze im Osten bis zur Reinprechtsdorfer Straße im Westen, von der Wiedner Hauptstraße im Süden bis zum Wienfluss im Norden reichende Gebiet umfasst fast die Hälfte des Bezirkes. Die Wiener Stadterneuerungsgesellschaft, eine Tochtergesellschaft der Gesiba, wurde mit der Erarbeitung von Vorschlägen zur Verbesserung der Wohn- und Lebenssituation in diesem Raum beauftragt und richtete im November 1984 ein ständiges Betreuungslokal in der Margaretenstraße 105 ein. Im Zuge des Abbruchs dieses Hauses übersiedelte die im Auftrag der Magistratsabteilung 25 tätige Gebietsbetreuung Margareten 1991 auf den Einsiedlerplatz 7.
Die sanfteste und mieterfreundlichste Art ist die sogenannte „Sockelsanierung“, bei der eine gründliche Sanierung des Hauses vom Keller bis zum Dach ohne Absiedlung der Mieter erfolgt. Im Sinne einer Totalsanierung wurde das 1871 erbaute, leerstehende Haus am Einsiedlerplatz 7 im Jahre 1991 instandgesetzt. Beispielhaft saniert wurde im Jahre 1990 das aus der Biedermeierzeit stammende Privathaus in der Hofgasse 7, dessen Innenhof begrünt wurde. Im Sinne einer „Sockelsanierung“ wurde das städtische Althaus in der Siebenbrunnengasse 29 im Jahre 1991 wiederhergestellt. Ein gegenüber dem Margaretenhof, in der Hofgasse befindliches Wohnhaus wurde bei Erhaltung der Fassade völlig neu gebaut und enthält Maisonetten, der Innenhof wurde begrünt. Im gesamten wurden seit 1984 über 100 Bauten saniert bzw. Erhaltungsarbeiten an ihnen durchgeführt. Dazu zählen der unter Denkmalschutz stehende Rüdigerhof in der Hamburgerstraße 20 und das biedermeierliche Privathaus in der Schlossgasse 15. In dem von Oskar Marmorek 1902 erbauten Rüdigerhof wohnte der bekannte Wienerlied-Sänger und Komponist Ernst Arnold, an den eine an der Fassade angebrachte Gedenktafel erinnert. Im Innenhof der Schlossgasse 15 befindet ein unter Naturschutz stehender Maulbeerbaum, der an die ehemalige Maulbeerbaumschule erinnert, die in der an das Margaretner Schloss anschließenden, ehemaligen Gartenanlage angelegt war. Auch die kommunalen Wohnbauanlagen am Gürtel wurden saniert und auf modernsten Wohnbaustandard gebracht.

Der in Wien seit Jahren bestehende Hotelbauboom hat auch Margareten erfasst und dokumentiert sich in zwei neuen Hotelbauten (Margaretenstraße–Grohgasse sowie Rechte Wienzeile–Sonnenhofgasse). Letzterer Hotelbau war erst möglich geworden, nachdem die Druck- und Verlagsanstalt „Vorwärts“ 1985 aus dem 1909 von den beiden Otto Wagner-Schülern Hubert und Franz Gessner erbauten Haus Rechte Wienzeile 97 und einigen Nachbarhäusern ausgezogen und in den 3. Bezirk übersiedelt war. Damit war der Weg frei, die Objekte abzubrechen. Ausgenommen war der unter Denkmalschutz stehenden Haupttrakt mit dem treppengiebelartigen Attikageschoss, das in der Mittelachse mit einer Uhr und an den beiden Seiten mit von Anton Hanak 1910 geschaffenen, einen Arbeiter und eine Arbeiterin darstellenden Sandsteinfiguren geschmückt ist. In diesem verbliebenen Haupttrakt sind heute der Verein der Arbeiterbewegung, die Stiftung „Bruno Kreisky Archiv“ sowie ein Teil des Renner-Instituts untergebracht.
Noch in den sechziger Jahren wurde aus Verkehrsrücksichten auch wertvolle Bausubstanz geopfert. Nachdem in der Wiedner Hauptstraße 99 die moderne turmlose katholische Pfarrkirche nach Plänen des Kölner Kirchenarchitekten Rudolf Schwarz 1961 bis 1963 errichtet worden war, wurde die in der Mitte der Wiedner Hauptstraße stehende barocke Matzleinsdorfer Pfarrkirche zum Abbruch freigegeben. Die dem hl. Florian geweihte Kirche befand sich in schlechtem Bauzustand, und trotz Protesten seitens der Bevölkerung entschloss sich die Erzdiözese Wien 1965 den Antrag zur Demolierung zu stellen.
Im Bereich Brandmayergasse/Arbeitergasse wurde 1990 ein Pensionistenwohnheim eröffnet, das 268 Einzel-, 12 Doppelzimmer sowie eine Pflegestation mit 42 Betten enthält und über eine beachtliche Infrastruktur – zwei Saunen, eine Biosauna, Massageräume, Bibliothek, Hobbyräume, Veranstaltungssaal – verfügt. Nach dem Abbruch des ehemaligen Margaretenbades in der Strohbachgasse 7-9 im Jahre 1986 beschloss der Gemeinderat in seiner Sitzung vom 20. Februar 1987, der Firma Ekazent das Baurecht für diese Bauparzelle zu erteilen, um hier ein modernes Freizeitbad zu errichten. Nach zwanzigmonatiger Bauzeit wurde ein Erlebnisbad mit drei Becken – Ruhebecken, Kinderbecken und ein Aktivbecken –, mit einer 67m langen Wasserrutsche, einem Wildwasserkanal, einer Gegenstromanlage, einem Bodensprudel und einem Wasserfall sowie zwei Saunen, einer Biosauna, einem Whirlpool, Massageräume und einem Solarium geschaffen und mit 1. März 1989 in Betrieb genommen.
Im Zeitalter des Kinosterbens gelang es in Margareten, nachdem das „Atlantis“, das „Eden“, das Kino im Eisenbahnerheim sowie das „Metropol“ ihren Betrieb einstellen mussten, den einzigartigen – und wohl in seiner Gesamtheit letzten erhaltenen – Vorstadtkinopalast der fünfziger Jahre in Wien, das „Filmcasino“ in der Margaretenstraße 78 zu retten. Das zunächst stucküberwucherte Margaretner Bürgerkino wurde zwischen 1954 und 1959 von Architekt Albrecht Hrzan zum modernen Filmcasino ausgestaltet und bis 1977 bespielt. Danach zog dort der Jugoslawische Kultur- und Sportverein ein. Obwohl Supermärkte, das Movie-Kino, Kabaretts und Theatergruppen für das Filmcasino Interesse gezeigt hatten, gelang es einer Gruppe von Kinobegeisterten um die Betreiber des Filmhauses Stöbergasse, auch die öffentliche Hand für ihr Anliegen zu gewinnen. Mit Mitteln des Bundes, der Gemeinde Wien, einer Bank und des Filmhauses konnte das Filmcasino nach Plänen der Architektin Elsa Prochazka saniert und mit moderner Technik ausgestattet werden. Die Renovierung des Plafonds führte die Künstlerin Johanna Kandl durch. Am 21. September 1989 öffnete das Filmcasino wieder seine Pforten und zählt heute zu den Garanten für die Präsentation von gehobenem Filmschaffen.

Heutzutage gewinnt die Gestaltung des öffentlichen Raumes immer mehr an Bedeutung, indem auf Basis des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes, des Grün- und Flächenkonzeptes und des Bezirksentwicklungsplanes Ideen und Planungsvorschläge erarbeitet und umgesetzt werden. Die Gestaltung des öffentlichen Straßenraums zur Erhöhung der Verkehrssicherheit und Beruhigung sowie Schaffung von öffentlichen Grünflächen in Form von Erweiterungen sind die zentralen Anliegen. So entstand der Willi-Frank-Park durch Abbruch der Häuser Schönbrunner Straße 34 und Grüngasse 21-23 mit öffentlichem Durchgang und Grünverbindung von der Grüngasse zur Schönbrunner Straße. Außerdem wurde ein Durchgang von der Margaretenstraße zur unterbrochenen Bräuhausgasse angelegt. Fast das gesamte Bezirksgebiet wurde mit Ausnahme der Durchzugsstraßen verkehrsberuhigt, und das Parkplatzproblem entschärfte sich durch Einführung der Parkraumbewirtschaftung weitgehend.

Margareten

Schloß Margareten am Margaretenplatz 2, Stich von Matthäus Vischer, 1672

Schloß Margareten am Margaretenplatz 21 – Schloßgasse 23. Foto: A. Stauda, 1905

Erstmals wird 1373 ein Margaretner Gutshof genannt, der im Gegensatz zu dem „Oberen Hof“ auf der Höhe des Wienerberges als „Niederer Hof“ am Margaretenplatz bezeichnet wird und später zum Schloß umgestaltet wurde. 1395 stiftete Rudolf Tirna, ein Besitzer dieser Anlage, gemeinsam mit seiner Gemahlin Anna und seinem Bruder Ludwig eine der heiligen Margareta von Antiochia geweihte Kapelle. Als weiter Nennungen finden wir 1411 St. Margaretenkapelln zu Metzleinstorff, 1548 St. Margarethen, 1568 Sandt Margarethen sowie 1594 hoff zu St. Margarethen.

Der um diesen Margaretner Hof im heutigen Bereich Margaretenplatz – Hofgasse – Schloßgasse entstandene Gutsweiler bildete den Ausgangspunkt für die Entwicklung dieser Vorstadt.     Der Gutshof der auf dem Rundplan von Niklas Meldemann aus dem Jahre 1530 mit einem mächtigen Turm bewehrt dargestellt ist, wurde bei der Belagerung 1529 von türkischen Streifscharen in Brand gesteckt – eine Gedenktafel am Haus Margretenplatz 3 erinnert daran. Der Guthof wechselte in der Folge mehrmals den Besitzer, bis Nikolaus Olai, Erzbischof von Gran, ihn 1555 käuflich erwarb. Er ließ den Hof und die Kapelle teilweise neu erbauen und legte den großen Schloßgarten an. Olai berief Siedler nach Margareten und gründete in der Nähe seines Hofes Nikolsdorf.

In der Mitte des 17. Jahrhunderts vollendete der Gesandte an der Hohen Pforte, Johann Rudolf Schmidt von Schwarzhorn, 1647 – 1667 den Bau. In der 1672 erschienenen „Topographia Archiducatus Austriae Inferioris Modernae“ von Georg Matthäus Vischer ist das Schloß als zweigeschossiger schloßartiger Bau dargestellt, dessen siebenachsiger Wohntrakt im Osten durch einen Eckturm mit loggenartigem Umgang bewehrt ist und gegen Westen von einem zwiebelhelbekrönten Uhrturm überragt wird. In dieser Abbildung fehlt allerdings das noch heute erhaltene, mit mächtigen Rustikquadern verkleidete Schloßportal.

Nach der Zerstörung 1683 wurde das Gebäude wieder neu aufgebaut. Bereits um 1725 hatte sich vor dem Schloß im Verlaufe der Margaretenstraße die planmäßige Rechteckform des heutigen Margaretenplatzes entwickelt. 1727 verkaufte Graf von Sonnau Margareten an die Gemeinde Wien. Zwischen 1749 und 1783 befand sich im verödeten Schloßgarten, der zum Teil als Getreidefeld und Viehweide diente, die erste Maulbeerbaumschule Wiens. In den Räumlichkeiten des Schlosses wurde 1751 eine Fabrik leonischer Waren eingerichtet, die jedoch 1768 abbrannte; das alte Schloß blieb verschont. In der Folge wurde der abgebrannte Flügel in der Schloßgasse 23 aufgestockt und und ein neuer Fabrikstrakt  anstelle des Meierhofes sowie ein geräumiger Stadel errichtet. 1786 verlegte Anton Schwarzleithner die Fabrik nach Mannersdorf. Danach gelangte die gesamte Realität zur Versteigerung.

 

Schloß Margareten mit der Margareta von Antiochia geweihten Kapelle und Schloßgarten. Kupferstich von Joseph Daniel von Huber, 1769 – 1774.

Die größte Parzelle, das alte Schloß am Margaretenplatz mit dem angrenzenden Fabriksgebäude in der Schloßgasse 23, erstand der Seidenbandmacher und Richter von Margareten, Franz Praller. Durch eine Tochter Prallers, Elisabeth, verehelichte Pichler, kam der Gebäudekomplex in den Besitz dieser Buchdruckerfamilie, die hier bis 1869 einen Druckereibetrieb führte. Das neue Fabriksgebäude in der Schloßgasse 21 wurde parzelliert und an Johann Brauneck versteigert, der noch im selben Jahr um Aufstockung ansuchte. Auf der benachbarten, westlich an das Schloß anschließenden Parzelle (Margaretenplatz 3) ließ der Seidenzeugmacher Paul Hochholzer 1787 von Baumeister Johann Michael Adelpodinger die bestehende Baulichkeiten adaptieren; über das Eingangstor wurde die Bauinschrift des alten Schlosses von 1651 eingemauert. Die westlich angrenzende Parzelle mit der 1783 profanierten Margaretenkapelle erwarb der Samtmacher Leopold Urspringer, der die Kapelle abbrechen ließ und den Grund zur Errichtung eines Wohnhauses (Margaretenstraße 77) verwendete. Das Areal des kleinen Schloßgartens, das der Wiener Stadtrichter Leopold van Ghelen in Pacht hatte, wurde parzelliert und durch neu angelegte Gassen aufgeschlossen. In der Zeit von 1781 bis 1788 entstanden auf dem Gelände des großen Schloßgartens in dem von der Gartengasse und Schloßgasse einerseits und von der Margaretenstraße und Siebenbrunnengasse andererseits umfaßten Gebiet nicht weniger als 41 Parzellen.

Der im Westen vom Margaretenhof dominierte rechteckige Margaretenplatz ist im Süden vom ehemaligen Schloß Margareten (rechts), im Norden von gründerzeitlichen Bauten (links) und im Osten von einem palaisartigen Miethaus begrenzt. Im Zentrum der 1835/36 errichtete Brunnen, um 1895.

Der Margaretenplatz als historisches Zentrum von Margareten wird besonders durch den 1835/36 vor dem Haus Margaretenplatz 3 errichteten Brunnen akzentuiert, auf dessen Vierkantsockel sich die von Johann Nepomuk Schaller modellierte Statue der über den Drachen triumphierenden hl. Margareta, der Namensgeberin der Vorstadt, erhebt. Im Zuge der Regulierung des Margaretenplatzes 1886 erhielt der Brunnen seinen heutigen Standort, der Aufbau wurde nach Plänen von Alois Hauer ausgeführt.

Auf Gründen des 1883 demolierten Margaretner Brauhauses entstand 1885/1896 nach Plänen von Ferdinand Fellner und Hermann Helmer der Margaretenhof, um 1895.

Im Westen wird dieser Platz von dem anstelle des 1883 demolierten Brauhauses nach Plänen der Architekten Ferdinand Fellner und Hermann Helmer von Baumeister Joseph Müller für Baronin Amalie Lipthay errichteten Margaretenhof umrahmt. Der schloßartige Komplex nimmt eine außerordentlich wichtige städtebauliche Stellung in diesem Bezirk ein. Historisch gesehen stellt er den symbolhaften Nachfolgebau des alten, heute nur mehr in Bruchstücken existierenden Margaretner Schlosses (Margaretenplatz 2, 3) dar. Die große Wohnhausanlage mit dem straßenartig gestalteten „Zierhof“ ist ein historisches Beispiel für frühe städtische Siedlungskonzepte, die sich in Wien sonst erst in der Zwischenkriegszeit entfalten konnten. In den Jahren 1981 – 1984 wurde der Margaretenhof aus Mitteln des Bundes und des Wiener Altstadterhaltungsfonds vollkommen saniert.

Im Osten wird der Margaretenplatz von dem nach Plänen von Ferdinand Seif 1898 erbauten monumental-palaisartig gegliederten Miethaus dominiert, bei dem Formen des venezianischen Stadtpalastes des 16. Jahrhunderts verwendet wurden. Gründerzeitliche Bauten schließen im Norden den Margaretenplatz ab.

Matzleinsdorf

Als älteste der Vorstädte wird Matzleinsdorf um 1136 erstmals urkundlich erwähnt. Der Ortskern ist an der alten Römerstraße über den Wienerberg anzunehmen, etwa zwischen der alten Florianikirche und dem 1704 angelegten Linienwall. Der Name Matzleinsdorf geht auf einen Mazilo, den Gründer der Siedlung, zurück. Ein Otto von Mazilinestorf erscheint 1136 als Zeuge im Klosterneuburger Salbuch. In der Folge wird diese Siedlung mehrfach erwähnt:

  • 1288 Mecelinesdorph
  • 1290 Matzleinsdorf
  • 1293 Mezlesdorf
  • 1294 Maetzleinsdorf
  • 1348 de Meczleinsdorf
  • 1364 Meczleinstorf
  • 1373 Maeczleinstorf
  • 1380 Meczleinstorff
  • 1381 Meczlestorff
  • 1409 Mäczelstarff sowie
  • 1444 Matzleinstorff. Mehrmals, so
  • 1477 wurden Matzleinsdorf und seine Umgebung von Truppen des Matthias Corvinus heimgesucht.

 Reinprechtsdorf

Kreuzung Reinprechtsdorferstraße/Arbeitergasse, um 1920

Das 1270 erstmals genannte Reinprechtsdorf ist sicher als Uferzeilendorf entlang der Schönbrunner Straße im Bereich zwischen Grohgasse und Spengergasse entstanden. Diese Siedlung wird mehrfach erwähnt: 1326 Reinprechtzdorf, 1359 Rampelstorfer, 1368 Reimprechtstorff unter dem Wienerperg, 1427 Renprechtsdorf, 1463 Rempelstorf sowie 1548 Rempelstorf. Im Spätmittelalter verödete diese Siedlung, der Name blieb als Flurbezeichnung weiter erhalten. Als der Magistrat 1727 die Grundherrschaft über Matzleinsdorf erworben hatte und damit auch Grundherr über einen Teil des Riedes Nieder-Reinprechtsdorf geworden war, entstanden 1730 an der Margaretenstraße die ersten Häuser. Bald waren auch die Anteile des Bürgerspitals an dem zuvor genannten Ried verbaut, sodass sich Häusergruppen unter dem Namen Reinprechtsdorf zu einer selbstständigen Vorstadt entwickelten.

Laurenzergrund

Laurenzgasse, Blickrichtung Linienwall, um 1900

1533 hatten sich die Nonnen von Maria Magdalena vor dem Schottentor mit den Laurenzerinnen vereinigt, wodurch u.a. auch ihr Hof in Matzleinsdorf in deren Hand gelangte. In der Folge wurde der Besitz vergrößert und bald entstand an der Laurenzgasse, südlich der Wiedner Hauptstraße, etwa bei der 1965 abgebrochenen Florianikirche, die Vorstadt. 1806 wurde der Laurenzergrund von der Gemeinde Wien aus dem Besitz des Religionsfonds angekauft.

Nikolsdorf

Hartmannspital. Nikolsdorfergasse 32-36, um 1900

Die zwischen 1555 und 1568 gegründete Vorstadt ist als planmäßige Gassensiedlung entstanden und wird 1594 als Niclßdorff erwähnt. Ihr Name leitet sich entweder von Nikolaus Olai, dem Erzbischof von Gran und Gründer der Siedlung, vom Nonnenkloster St. Nikolai in der Singerstraße oder von dessen gleichnamigem Mutterkloster vor dem Stubentor ab. Schon zu Beginn des 17. Jahrhunderts hatte Nikolsdorf einen eigenen Richter. 1727 gelangte die Vorstadt durch Kauf an die Gemeinde Wien.

Hundsturm

Bereits 1408 wird die Hunczmühle in der Scheibenried erwähnt. Sie wurde von einem Bach angetrieben, der vom Siebenbrunnenfeld herab in den Wienfluss floss. In der Nähe der ehemaligen, 1529 zerstörten Mühle, ließ der nachmalige Kaiser Matthias um 1600 für seine Jagdhunde (Rüden) ein turmartiges Gebäude (Rüdenhaus) erbauen, das der Vorstadt angeblich den Namen gegeben hat. Nächst dem Rüdenhaus wurde ein Jagdhaus errichtet.

1632 wird Hundsthurm erstmals urkundlich erwähnt, 1641 findet sich Hundsthuern. Seit dem 17. Jahrhundert entwickelte sich die Vorstadt Hundsturm nördlich des Schlossgartens entlang der Schönbrunner Straße zwischen Spengergasse und Margaretengürtel. 1842 kam Hundsturm durch Kauf an die Gemeinde Wien. Anstelle des Jagdhauses wurde 1672 das Schloss Hundsturm als zweistöckiges, von kräftigen Wehrmauern umzogenes Gebäude mit einer Johannes dem Täufer geweihten Kapelle am heutigen Platz „Am Hundsturm“ errichtet; 1884 wurde der letzte Teil der ehemaligen Schlossanlage demoliert und danach parzelliert und verbaut.