Floridsdorf

v.o.n.u.:

Blick in den Ausstellunsbereich zur Frühgeschichte, Foto: Klaus Pichler

Floridsdorf und seine Umgebung um 1872, Archiv des Militärgeographischen Institutes/Wikimedia Commons

Frühzeit und Mittelalter

Die ersten Besiedlungen in diesem Gebiet gab es bereits in der Jüngeren Steinzeit (ca. 4000 bis 2000 v. Chr.) Es wurden Steinbeile und Topfreste aus dieser Zeit gefunden und man geht davon aus, dass es Jäger waren, die erstmals in diesem Gebiet siedelten. In der Gegend von Leopoldau wurden Waffen und Schmuck aus Bronze gefunden die auf eine Besiedlung hindeuten. Diverse Gegenstände sind im Bezirksmuseum heute zu besichtigen.

Blick in den Ausstellunsbereich zur Frühgeschichte, Bezirkmuseum Floridsdorf, Foto: Klaus Pichler

Um 500 v. Chr. kamen Kelten in das Gebiet des heutigen Floridsdorf, verloren aber durch die Römer wieder ihren Einfluss. Lange Zeit war das Gebiet Niemandsland, eine Pufferzone zwischen Römern und Germanen, und es kam hier auch immer wieder zu Kämpfen zwischen beiden Völkern.

Nach dem Ende der Römerherrschaft zog es Langobarden, Awaren und Slawen in dieses Gebiet. Die Awaren wurden später von Karl dem Großen besiegt und so zogen Bayern in das Land, die wiederum von den Magyaren vertrieben wurden. Um das Jahr 1000 wurden die Babenberger in diesem Gebiet eingesetzt und es gab 1014 die erste urkundliche Erwähnung des Floridsdorfer Stadtteils Jedlesee, damals Outcinesse (See des Uz) genannt.

Entstehung von Floridsdorf

Lange Zeit konnte die Donau nur mit Fähren überquert werden, erst um 1500 wurde die erste Donaubrücke errichtet. An der Stelle der heutigen Floridsdorfer Hauptstraße beim Wasserpark wurde die erste Holzbrücke (Taborbrücke) errichtet, über einen weiteren kleinen Donauarm führte das Kuhbrückl. An der Gabelung der Hauptstraße nach Böhmen und Mähren (Am Spitz) entstand die neue Ansiedlung Floridsdorf. Sie wurde nach dem Propst Floridus Leeb vom Stift Klosterneuburg, der 1786 Liegenschaften des Klosters an 26 Siedlerfamilien abgegeben hatte, benannt.

Erinnerung an den Beginn des Eisenbahnzeitalters

Eine Erinnerungsplatte im Bahnhof Wien Floridsdorf zeigt, dass am 23. November 1837 mit der Eröffnung des ersten Teilstückes der Kaiser Ferdinands-Nordbahn zwischen Floridsdorf und Deutsch-Wagram das Eisenbahnzeitalter in Österreich begann. Ab 1841 trug die Nordwestbahn, vorerst nach Stockerau, ebenfalls zur Industrialisierung bei, ab 1886 auch die Dampftramwayals Vorläuferin der heutigen Straßenbahn. Durch die Industrialisierung wandelte sich das ursprünglich stark von der Landwirtschaft geprägte Floridsdorf in kurzer Zeit zu einer Industriestadt. Dafür stehen beispielsweise die „Vereinigten Chemischen Fabriken“, die 1910 aus der Zusammenlegung zweier Chemischer Betriebe (ansässig ab ca. 1894) in der Sebastian-Kohl-Gasse entstanden und Arbeitsplätze schufen. Der Gewerbepark wurde ab den neunziger Jahren zu einem Eventareal umgestaltet.

Großgemeinde Floridsdorf

Der niederösterreichische Statthalter Erich von Kie

Floridsdorf und seine Umgebung um 1872, Archiv des Militärgeographischen Institutes/Wikimedia Commons

lmansegg betrieb 1890 intensiv die Vergrößerung Wiens und wollte auch Floridsdorf und andere Orte am linken Donauufer eingemeindet sehen. Der damalige Wiener Bürgermeister Johann Prix opponierte dagegen; die 1892 in Kraft getretene Stadterweiterung betraf daher nur das rechte Donauufer. Infolgedessen setzte sich Kielmansegg dafür ein, Floridsdorf zu vergrößern, und fand bei den Bürgermeistern der betroffenen Gemeinden positive Resonanz. Am 28. Mai 1894 trat die Vereinigung Floridsdorfs mit den Ortschaften Donaufeld, Jedlesee und Neu-Jedlersdorf (dem südwestlichen Teil von Großjedlersdorf) zur Großgemeinde Floridsdorf mit über 30.000 Einwohnern in Kraft. (1885 waren es noch 20.000 Einwohner gewesen, 1905 bereits 36.000)

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts gab es Bestrebungen, Wien reichsunmittelbar zu machen und so vom Kronland Österreich unter der Enns abzutrennen. Für diesen Fall sah Kielmansegg Floridsdorf als Hauptstadt Niederösterreichs vor.

Eingemeindung nach Wien

Um die Jahrhundertwende beteiligten sich Floridsdorfer Politiker intensiv an der Lobby für die Realisierung des Donau-Oder-Kanals, an dessen Wiener Ende sie einen großen Hafen in der Alten Donau anlegen wollten. Der Wiener Bürgermeister Karl Lueger hatte schon zuvor angekündigt, dass man in diesem Fall an die Vereinigung Floridsdorfs mit Wien schreiten müsse. (Er wollte keine konkurrierende Hafenstadt „vor der Haustür“.)

Die Initiative dazu ging letztlich von Floridsdorf selbst aus. Die Deutsche Bank hatte Lueger ein großes Kommunaldarlehen zugesagt. Die Floridsdorfer hingegen wussten nicht, wie sie ihre Investitionen finanzieren sollten. Bürgermeister Anderer wollte daher 1902 „auch um den Preis der Einverleibung“ Finanzhilfe von der Stadt Wien erhalten. Der Wiener Gemeinderat und der Niederösterreichische Landtag hatten keinen Einwand, doch spießte sich der Vorgang im Detail. Mit Unterstützung des k.k. Ministerpräsidenten Ernest von Koerber gelang Lueger dann 1904 der Durchbruch. Der Floridsdorfer Landtagsabgeordnete Karl Seitz, 1923–1934 beliebter Bürgermeister im Roten Wien, sprach sich gegen den Zusammenschluss Floridsdorfs mit Wien aus, weil er erwarteten Wohlstand der zu vergrößernden Industriestadt nicht mit ganz Wien teilen wollte.

Das entsprechende Landesgesetz wurde am 12. November 1904 beschlossen und am 10. Jänner 1905 publiziert, womit die Eingemeindung der bisherigen Großgemeinde Floridsdorf in die Stadt Wien in Kraft trat. Der neue 21. Bezirk umfasste Floridsdorf mit den Ortschaften Jedlesee, Großjedlersdorf, Donaufeld, Leopoldau, Kagran, Hirschstetten, Stadlau und Aspern. Das kurz vor der Eingemeindung errichtete Floridsdorfer Rathaus wurde vom 1. Jänner 1906 an als Magistratisches Bezirksamt für den 21. Bezirk weiterverwendet (bis Ende 1905 hatte noch die Bezirkshauptmannschaft Floridsdorf amtiert).

1909–1911 wurde das Gaswerk Leopoldau gebaut, das beträchtliche Teile Wiens mit Stadtgas versorgte. 1911 wurde der noch selbstständig gebliebene Teil von Strebersdorf eingemeindet. 1917 wurde statt der 1907 in Betrieb genommenen Autobuslinie die Straßenbahnlinie 117 vom Bezirkszentrum nach Leopoldau eingerichtet.

Floridsdorf zur Zeit der Ersten Republik

Im Roten Wien der Zwischenkriegszeit wurden zahlreiche kommunale Wohnbauten (Gemeindebauten) wie etwa der Schlingerhof, die später Karl-Seitz-Hof genannte Gartenstadt und der Paul-Speiser-Hof errichtet.

Am 19. Februar 1924 wurde die nach Nordosten verlaufende Grenze zwischen 2. und 20. Bezirk an der Innstraße über die Donau bis zur Alten Donau verlängert – auf dieser Linie waren, wie im Wiener Landesgesetz vermerkt ist, Brücken über beide Gewässer geplant. Der am linken Donauufer nördlich dieser Linie gelegene Bruckhaufen (heute das Gebiet zwischen nördlicher Arbeiterstrandbandstraße, Donauturmstraße und Am Bruckhaufen) gelangte nun zum 21. Bezirk.

An der Alten Donau, die im obersten Teil von 1924 an zur Gänze, südlich des Bruckhaufens aber von der Mittellinie des Gewässers nordwärts zum 21., südwärts zum 2. Bezirk zählte, breiteten sich Sommerbäder und Sporteinrichtungen aus (das Arbeiterstrandbad, bis 1938 im 2. Bezirk, war schon 1910 errichtet worden). Das Stift Klosterneuburg stellte ab 1920 Baugründe in der Schwarzlackenau zur Verfügung. Von 1923 an wurde die Straßenbahnlinie 132 bis Strebersdorf geführt; im gleichen Jahr wurde der seit 1912 ausgeführte Neubau der Floridsdorfer Brücke eröffnet. Im Februar 1929 gab es auf der Donau bei einer Temperatur um −32 °C einen gewaltigen Eisstoß. Im gleichen Jahr wurde im nördlichsten Teil der Alten Donau der Wasserpark fertiggestellt. 1933 wurde auf dem Bisamberg an der nördlichen Stadtgrenze die in ganz Wien sichtbare Sendeanlage in Betrieb genommen, die 2010 gesprengt wurde.

Im Bürgerkrieg 1934 waren das Arbeiterheim Floridsdorf und der Schlingerhof Brennpunkte des Kampfes, den sozialdemokratische Floridsdorfer gegen das Heer der Diktaturregierung Dollfuß führten. Gemeindebauten wurden fallweise vom Bundesheer mit Kanonen beschossen, im Bezirk gab es 71 Tote und 182 Verwundete.

Floridsdorf in Groß-Wien

Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich wurden auch in Floridsdorf ab 13. März 1938  Juden diskriminiert, beraubt, vertrieben und zur Ermordung deportiert; die Synagoge Floridsdorf in der Freytaggasse wurde am 10. November 1938 demoliert.

Per 15. Oktober 1938 erfolgte die Vergrößerung der Stadt zu Groß-Wien. Dabei wurde der neue 22. Bezirk, damals mit dem Zentrum Groß-Enzersdorf, geschaffen, zu dem u. a. alle östlich der Laaer Ostbahn gelegenen Teile des bisherigen 21. Bezirks geschlagen wurden. Der Bezirk Floridsdorf verlor Stadlau, Hirschstetten, Aspern und die Lobau an den 22. Bezirk, gewann aber Kaisermühlen und das Gebiet zwischen Alter Donau und Donau etwa von der heutigen Donauturmstraße südwärts (heute vor allem Donaupark, UNO-City und Donau City) vom 2. Bezirk, das niederösterreichische Stammersdorf, das 1954 bei Wien blieb, und weitere zehn niederösterreichische Gemeinden, die dann zu Niederösterreich zurückkehrten.

1940 wurde in der Brünner Straße die heutige Van-Swieten-Kaserne errichtet. Im Zweiten Weltkrieg bestand von Juli 1944 bis zum 1. April 1945 das KZ-Außenlager Wien-Floridsdorf, ein Außenlager des KZ Mauthausen, in dem über 2700 KZ-Häftlinge zur Zwangsarbeit im U-Boot- und Flugzeugbau sowie in der Raketenproduktion herangezogen wurden. Von 1944 an wurde das Industriegebiet von alliierten Bomberflotten angegriffen. Am 15. April 1945 war der Zweite Weltkrieg für Floridsdorf mit dem Abzug der letzten SS-Truppen Richtung Stockerau und mit der Besetzung durch die Rote Armee beendet. Zuvor waren Am Spitz vor dem Bezirksamt am 8. April die Widerstandskämpfer Major Karl Biedermann, Hauptmann Alfred Huth und Oberleutnant Rudolf Raschke von einem SS-Standgericht gehängt sowie am 13. April der Bisamberg-Sender und am 14. April die Floridsdorfer Brücke gesprengt worden. Der Bezirk zählte bis zum Sommer 1955 zum sowjetischen Sektor Wiens.

Nach dem Zweiten Weltkrieg

1946 wurde der spätere Bürgermeister und Bundespräsident Franz Jonas bis 1948 Bezirksvorsteher von Floridsdorf. Ebenfalls 1946 einigten sich Wien und Niederösterreich darauf, die Eingemeindungen zu Groß-Wien großteils rückgängig zu machen. Im Zuge dieser Bereinigung sollte die Grenze zwischen Floridsdorf und dem heutigen 22. Bezirk, Donaustadt, von der Laaer Ostbahn nach Nordwesten verschoben werden und lagemäßig an die Grenze zwischen 2. und 20. Bezirk anschließen. Infolge eines Einspruchs der sowjetischen Besatzungsmacht konnten diese Änderungen erst 1954 in Kraft treten; dann schieden Kagran und Kaisermühlen aus dem 21. Bezirk aus.

In weiterer Folge kam es noch viermal zu Änderungen des Grenzverlaufs zum 22. Bezirk. 1964 wurde die Bezirksgrenze im Bereich der östlichen Aderklaaer Straße und im Bereich des Bruckhaufens in Donaufeld geringfügig verschoben. 1995 erfolgte eine Grenzanpassung im Bereich Zehdengasse und Eipeldauer Straße. Über weite Strecken änderte sich der Grenzverlauf zur Donaustadt im Jahr 2002 bei Oskar-Grissemann-Straße, Josef-Baumann-Gasse, Alter Donau, Drygalskiweg und Wagramer Straße. Betroffen von diesen Grenzänderungen waren vor allem Verkehrsflächen, außerdem wurde Floridsdorf dadurch die große Sportanlage in der Eipeldauer Straße zugeschlagen. Im Gegenzug verlor der Bezirk einen größeren Anteil an der Wasserfläche der Alten Donau an die Donaustadt.