ALSEUM
Befreiungsmuseum / Erinnerungsbunker
Der Erinnerungsbunker im Arne-Karlsson-Park
schauen Sie auch: http://www.befreiungsmuseumwien.at/
Geschichte des Bunkers
Der alte Luftschutzbunker aus dem 2. Weltkrieg im Arne-Karlsson Park war lange in einem feuchten und ruinösen Zustand. Vor mehr als 70 Jahren war dieses Bauwerk eine
„Schutzinsel“ für die Wiener Bevölkerung, als die amerikanischen Bombenflugzeuge im
Kampf gegen Hitlerdeutschland ihre Bomben auch auf Wien geworfen hatten. Seinerzeit
drängten sich in diesen Bunker hunderte Menschen, meist Frauen und Kinder.
Die Angriffe der Alliierten auf die „Gauhauptstadt Wien“ bezweckten hauptsächlich, die
Rüstungs- und Industrieanlagen, die in und um Wien lagen, zu zerstören. Der Krieg zog
sich in die Länge. Die hilflose Bevölkerung suchte damals Schutz in den bombensicheren,
festen Bunker und in den provisorisch luftschutzmäßig eingerichteten Hauskellern.
Stundenlang verharrten dort die verängstigten Menschen. Der verschlossene Bunker, der
heute neben einem belebten Kinderspielplatz steht, befindet sich nach rund 70 Jahren
noch im nahezu originalen Zustand. Die Anlage blieb bisher vor großen Umbau und
Zerstörungsarbeiten verschont. Das Inventar der beiden Maschinenräume und auch die
Belüftungsrohre sind noch vorhanden.
Wenn man diese Anlage besucht, überkommt einen ein unheimliches Gefühl. Eine Treppe
führt in den unterirdischen Teil der Anlage. Es ist dunkel, die Gänge sind eng. Man ist von
der übrigen Welt abgeschieden. In den beiden Maschinenräumen standen jeweils drei
„Schutzraumbelüfter“. Die Trommeln der Schwebstoff- und Gasfilter sind abgeschraubt
aber noch vorhanden. Die angesetzten Handkurbeln sind festgerostet. Sollte damals der
Strom ausfallen, konnten seinerzeit auch mittels aufgesetzter Handkurbel die
„Schutzraumbelüfter“ in Gang gesetzt werden. Diese waren von der „Maschinenfabrik-
Rheinwerk, Heinen & Co, Wuppertal-Oberbarmen“ angeliefert worden. Es galt, die
Außenluft anzusaugen, durch die Filter zu drücken, um die nötige Frischluft durch die
Rohre in die einzelnen Luftsschutzkammern zu leiten. Es war vorgeschrieben, dass jeder
Person 24 l Frischluft in der Minute zugeführt werden müsse. Vieles hat der Rost
zerfressen. Teile der Heiz- und Kühlanlage sind zu erkennen. Auf den Stahltüren der Firma
„Viktor Otte & Co“ ist zu lesen: „Unbefugten Eintritt verboten“.Die Aufschrift „Gasschleuse“,
die Überdruckventile der Firma „Drägerwerk Lübeck“, und die an der Decke angebrachten
Belüftungsrohre künden von vergangenem Terror.
Wenn man in das Innere weiter vordringt, kommt man zu den vielen engen Luftschutz-
Kammern. Dort drängte sich seinerzeit die verängstigte Bevölkerung, ohnmächtig und
voller Angst. Dieser öffentlicher Bunker, 1940 nach einem einheitlichen Plan gebaut, war
für 300 Personen konzipiert, nach Zeugenaussagen suchten hier aber bis zu 800
Menschen Schutz. In den Gängen drängten sich auch die Passanten, die ebenfalls nach
einem Platz in den sicheren Anlagen suchten. In der Regel waren diese „sicheren“
Anlagen überbelegt.
An den Gangwänden finden sich die Aufschriften: „Erste Hilfe“, „Rauchverbot“, „Für
Kranke“, „Für Kriegsversehrte“, „Sanitätsraum“, „Wachtdienst“, „Bunkermagazin“. Mittels
eigenem Kraftwerk sollten die Bunker völlig autark sein. Diese öffentlichen, rechteckigen
LS-Bunker mit einer Größe von rund 40 x 20 m hatten eine Raumfläche von 760 m2.
Gespenstisch wirkt der phosphoreszierend gelbgrün scheinende Leuchtstreifen, der eine
Minimalhelligkeit bei Stromausfall gewährleistete. In den Aborten sind noch die
Klomuscheln, in den Waschanlagen die Wasserleitungen vorhanden. Von der Decke
hängen lange Versinterungen. Die kleinen eigentlichen LS-Kammern, 34 an der Zahl,
wirken bedrückend.
Heute ist der Tiefbunker saniert und abgedichtet. Er ist im Eigentum der Stadt Wien, mit neuen Lüftungsanlagen und der vorgeschriebene Notbeleuchtung.
Durch die Dunkelheit und zurück
Die Bunkerräume wurden 2005 im Rahmen des Gedenkjahres für eine historische und
zeitgeschichtliche Ausstellung adaptiert. Studierende der Pädagogischen Akademie des
Bundes in Wien in Kooperation mit dem Bezirksmuseum Alsergrund, SchülerInnen des
Erich-Fried-Realgymnasiums und Kunstschaffenden der Künstlerischen Volkshochschule/
wiener kunst schule entwickelten ein Ausstellungskonzept, das ständig erweitert wurde.
Eine Besonderheit des Bunkers: Schüler führen Schüler durch die Räume und erklären in
„ihrer Sprache“ von der Zeit ihrer Urgroßeltern. Die Führungen richten sich bei den
Schülerführungen vor allem an Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren, können aber von
allen Interessierten begleitet werden. Es gibt auch gesonderte Führungen für Erwachsene
nach Vereinbarung. In den Führungen setzen sich die Besucher mit Naziverbrechen
auseinander und die großen Verbrechen werden auf den einzelnen Menschen herunter
gebrochen, so dass die Identifizierung mit den „Opfern“ ermöglicht wird. „Zentral dabei
sind die Auswirkungen der Zeit auf den Alsergrund. Thematisiert werden auch die Leiden
der Zivilbevölkerung im Kontext des Bombenkriegs – der Bombenkrieg als ein Ergebnis
des Naziregimes.
Die Besucher betreten „die dunklen Jahre“, die sie tief in den Bunker hineinführen, sie
erleben den Zusammenbruch der Demokratie, die Grausamkeiten des Kriegs, die
Befreiung und die Zeit der Amerikaner im Alsergrund, schließlich führt sie der Weg nach
draußen, vorbei an der Unterzeichnung des Staatsvertrags und dem Beitritt Österreichs
zur EU zurück an die Sonne.
Der Tiefbunker, der sich im Besitz der Stadt Wien befindet und in den letzten Jahre als
Lagerraum der MA 42 verwendet wurde, befindet sich im Süden des Arne-Karlsson-Parks
hinter dem Kinderspielplatz. Der Park ist seit 1945 unverändert und trägt seinen Namen
nach Arne- Karlsson, unter dessen Initiative täglich 70.000 Essenrationen an die Hunger
leidende Wiener Bevölkerung verteilt wurden und der schließlich von einem russischen
Soldaten erschossen wurde.
Nationalratspräsidentin Prammer war immer eine Mentorin des Erinnerungsbunkers.
Hier mit Minister Einem – im Vordergrund Museumsleiter Dr. Urbanek
Im April 2015 wurde im Bunker der Erinnerung das
Befreiungsmuseum Wien
eröffnet.
An diesem tragischen Ort der Zeitgeschichte, einem Tiefbunker aus dem Zweiten
Weltkrieg, in den sich jene Vorfahren buchstäblich verkrochen, die kurz zuvor noch
enthusiastisch Hitler zujubelten, hat der Trägerverein des Befreiungsmuseums mit Hilfe
vieler Unterstützer einen Ort der Vermittlung von Zeitgeschichte gemacht.
Die politischen, gesellschaftlichen und chronikalen Ereignisse im Wien des 20.
Jahrhunderts werden nach wie vor bisher in keinem „zeitgeschichtlichen Museum“
aufgearbeitet und präsentiert. Gleichzeitig ist in der Bevölkerung, und gerade auch in der
Jugend, das Wissen über die 1930-er und 1940-er Jahre vielfach nur wenig ausgeprägt.
Das „Befreiungsmuseum“ stellt einen sehr wichtigen Mosaikstein für die zeitgeschichtliche
Bildung von jungen Menschen und allen interessierten Bürgern dieser Stadt dar – ebenso
wie auch ein Anziehungspunkt für Gäste unserer Stadt.
Es soll unter anderem vermittelt werden, dass die Wiener 1945 nicht „den Krieg verloren
haben“ und „erobert worden sind“, sondern dass sie damals vom Joch der NS-Diktatur mit
all ihren grausamen Facetten (Angriffskrieg gegen halb Europa, Vertreibung, Deportation
und Ermordung von zehntausenden jüdischen WienerInnen und anderen Wiener
Bevölkerungsgruppen, Terror gegen die eigene Bevölkerung, uvm) befreit worden sind.
Das Befreiungsmuseum im Erinnerungsbunker versteht sich vor allem als Schnittstelle
zwischen Menschen; nicht der zuweilen trockene Wissenschaftsdiskurs bestimmt die
Museumskommunikation, sondern der Kontakt und das Miteinander von Mensch zu
Mensch. Dies zu zeigen – und zu zeigen, wie aus dem Chaos der Nazi-Diktatur mit
alliierter Hilfe unter Schmerzen und Mühen ein besseres Österreich entstehen konnte, ist
das Befreiungsmuseum Wien angetreten.
Zusammenarbeit
Das Befreiungsmuseum arbeitet mit den wichtigsten österreichischen und russischen
Archiven zusammen, dem Wien Museum, der Österreichischen Nationalbibliothek, dem
Stadtarchiv St. Petersburg etc. Das Befreiungsmuseum wird von offiziellen Organisationen
der österreichischen Republik und der Signatarstaaten des Staatsvertrages unterstützt.
Der Landtag von Wien und die Stadtregierung von St. Petersburg haben ihre
Unterstützung zugesagt. Viele private Sammler, Forscher, Zeitzeugen und Leihgeber, die
eine besondere menschliche Note in unsere Ausstellung bringen. Auf der Ebene der
Umsetzung setzt die ARGE Erinnerungsmuseum auf die Zusammenarbeit von
Jugendlichen aus Österreich (Erich Fried-Realgymnasium), Russland, Frankreich, den
Vereinigten Staaten und England. Es gibt keine vornehmere Aufgabe als die, Kinder und
Jugendliche dazu zu führen, jene Werte in der Gesellschaft zu schätzen, die hassfrei,
tolerant und demokratisch sind. Mehrere Schulen aus Österreich, der Russischen
Föderation und England arbeiten gemeinsam an diesem Projekt.
Kulturelles Rahmenprogramm
Neben der Ausstellung gibt es ein umfangreiches Rahmenprogramm: ein
Stadtspaziergang (auch für Gäste aus dem Ausland) wird angeboten, dazu Besuch und
Pflege von Soldatengräbern in Wien, Theater im Bunker (2014 wurde Dantes INFERNO
aufgeführt, 2015 „Die letzten Tage der Menschheit“ von Karl Kraus). Die Interviews mit
Zeitzeugen werden als „digital stories“ ins Netz gestellt (auch von russischer Seite). So
erzählt etwa die Bezirksvorsteherin des Alsergrundes darüber, wie sie den russischen
Soldaten ihr Leben verdankt. Lesungen (zB Gudrun Pausewang „Die Wolke“, „Verschüttet,
etc 2013) Filmvorführungen (zB 2017: „Im Westen nichts Neues“)und Gespräche am
runden Tisch vervollständigen die Aktivitäten. Drehort (Film „wir töten Stella“)
Ausstellungsinhalte
Fotos, Filme, Originaldokumente, Zeitzeugenberichte, Fundstücke, erläuternde Texte zu
den Ereignissen in Wien im Frühjahr 1945, sowie zu der Zeit bis zum Staatsvertrag 1955.
Hierbei soll Archivmaterial nicht nur aus Österreich, sondern auch aus Archiven der
Alliierten herangezogen werden, und es soll die geschichtliche Darstellung, aber auch die
individuell-subjektive Ebene auf unterschiedlichen Seiten verglichen werden.
Zusammenarbeit, Austausch und Kooperation mit anderen Museen und ähnlichen
Ausstellungen ist durchaus erwünscht.
Realisations-Ort: Erinnerungsbunker
Die Ungeheuerlichkeiten der Nazi-Diktatur kommen an dem Ort des Befreiungsmuseums,
das im Erinnerungsbunker, einem Luftschutzbunker aus dem Zweiten Weltkrieg
untergebracht ist, in all ihren grausamen Auswirkungen ganz besonders zur Geltung und
wirken damit als Kontrast zur Befreiung von diesem Wahnsinn einzigartig intensiv.
Mit Hilfe von audiovisuellen Präsentationen, Installationen und allen anderen Mitteln
museumspädagogischer Vermittlung wird im Erinnerungsbunker politisches und
historisches Wissen über Verbrechen und Schuld der Täter, über Unschuld und Leid der
Opfer geschaffen.
Realisation
Diese Vermittlung wird weiterhin von Schülern und Schülerinnen des Erich Fried
Realgymnasiums durchgeführt.
Dafür hat das Erich Fried-Realgymnasium einen renommierten Preis erhalten: Verleihung
der Sozialmarie 2016
Schüler des Erich Fried-Realgymnasiums im Gespräch
mit dem damaligen Stadtrat Michael Ludwig
2018
Kinder in Wien und Leningrad / 1940-1946
Dargestellt werden Leben und Leiden der Kinder in Wien im Krieg und in Petersburg
während der Blockade durch die Deutsche Wehrmacht.
Im Jahr 2018 jährt sich zum 75. Mal eines der schrecklichsten Kriegsverbrechen der
Menschheit: der Angriff der Deutschen Wehrmacht auf St. Petersburg/Leningrad in ihrem
Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion. Über eine Million Hungeropfer von Leningrad
führten schließlich mit dem Zusatzprotokoll I von 1977 „über den Schutz der Opfer
internationaler bewaffneter Konflikte“ zu einem Rechtsrahmen auch für Zivilisten in der
Haager Konvention.
Die Darstellung der Leiden der Petersburger Bevölkerung wird vervollständigt durch
Dokumentation des Leidens der Wiener Kinder, die als Unbeteiligte niemals an den
Angriffskriegen Hitlers Schuld hatten. In verschiedensten Bereichen wird das Leben der
Kinder gezeigt: Schule, Kriegseinsatz, Ernährung, Wohnsituation, etc.
Eine Zusammenarbeit des Befreiungsmuseums Wien / Blockademuseum St. Petersburg
Der originalerhaltene Bunker der Erinnerung im Arne Carlsson-Park ist ein einzigartiger
Ort der Schaffung von Geschichtsbewusstsein; hier, wo sich die Menschen vor den
Bomben in die Erde vergruben, ist die Verzweiflung der leidenden Menschen nach wie vor
spürbar und lässt keinen Betrachter unberührt.
Medien: Plakate, Filme, Fotos, Zeitzeugen, Dokumente, Interviews
Ort: Befreiungsmuseum Wien
Öffnung: ganztägig, 2 Tage je Woche, Juni-Oktober
Eröffnung Juni 2018
Sonderausstellung Juni-Oktober 2018
2018
Ausstellung zu George Marshall
Eröffnung 24. Oktober 2018
Wann: nach Vereinbarung - ganzjährig Tel: 0676 611 9232
Kosten: Annerkennung für Schüler/innen wird gerne angenommen
Ort: Arne-Karlsson-Park (Ecke Währinger Str./Nussdorfer Str.)
(für größere Ansicht bitte auf das Bild klicken)
Berichte von Zeitzeugen
Die Tiefbunker waren nach einheitlichen Plänen konstruiert. Die kleinen Kammern waren meist überfüllt. Viele Zeitzeugen können sich an fürchterliche Momente darin erinnern. Die 24 Kammern waren für etwa 300 Schutz Suchende gedacht. Bei Angriffen war der sichere Bunker fast immer überbelegt (bis zu 700 Personen). Es wird berichtet, dass (höher gestellte) Parteimitglieder bevorzugt wurden. Es liegen auch Berichte vor, dass gegen Ende des Krieges „Männern der Zutritt nicht mehr gestattet war.“
„Beim Arne-Karlsson-Bunker sah ich eine Frau, die wohl ihr Kind bei einem Luftangriff verloren hatte und eine Puppe bei sich trug im Wahn, dass dies ihr Kind sei."
„Daheim war das Luftschutzgepäck gepackt. Wichtige Dinge, die man nicht immer brauchte, befanden sich in Koffern, Taschen oder Rucksäcken. Die wichtigsten Sachen wurden von meiner Mutter mit etwas Essen in eine Tasche gepackt."
„Nach der Entwarnung soll der Auszug der Menschen aus dem Arne-Karlsson-Bunker nach einem Bombentreffer durch langwierige Aufräumarbeiten verzögert worden sein."
„Der Geruch der Luftschutzräume ist mir bis heute in der Nase geblieben. So ein intensiver Mief war das."