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Zur Bezirksgeschichte Neubau

  
Amerlinghaus um 1890

                                                                                            

Der heutige Bezirk Neubau ist wie alle inneren Bezirke Wiens jüngeren Ursprungs. 1850 wurden 34 Vorstädte zu sieben Bezirken zusammengefasst und nach Wien eingemeindet. Der ursprünglich sechste Bezirk entstand aus den Vorstädten St. Ulrich, Neubau, Spittelberg, Schottenfeld, Alt-Lerchenfeld sowie aus Teilen der Laimgrube, Mariahilf und Neustift. Nach der Trennung des Bezirks Margareten von Wieden 1861 wurde Neubau zum siebenten Bezirk.

 

  • St. Ulrich

 

St. Ulrich war die älteste Vorstadt im Bereich des Bezirks. Bereits im Jahr 1202 wurde der Ort Zeismannsbrunn am rechten Ufer des Ottakringer Bachs urkundlich erwähnt, der sich wahrscheinlich in der Nähe der heutigen St. Ulrichs-Kirche befand. 1211 stiftete der Wiener Bürger Dietrich der Reiche bei seinem Gutshof eine Kapelle zu Ehren des hl. Ulrichs. Der Name des Kirchenpatrons übertrug sich bald auf das Pfarrgebiet und ab Anfang des 14. Jahrhunderts auf den ganzen Ort. Die Erben des „unmazen rich“, unermesslichen reichen Dietrichs verkauften die Grundobrigkeit an den Ritterbürger Greif von Maria am Gestade. 1302 übernahm dann das Schottenstift das Patronat über die Pfarre St. Ulrich. In der Folge ging auch die Grundherrschaft an die Schotten über. Wie alle Vorstädte um Wien litt St. Ulrich unter Epidemien, Bränden, Überschwemmungen und kriegerischen Ereignissen. In den Jahren 1481, 1654, 1679 und 1713 wütete die Pest auch in St. Ulrich und forderte zahlreiche Opfer.

Zur Zeit der Reformation war St. Ulrich ein Hauptsitz der Protestanten. Lange hielt sich in der Überlieferung die Mär, dass 1683 der Großwesir Kara Mustapha, der  Oberbefehlshaber der osmanischen Truppen während der Zweiten Türkenbelagerung, in der Gegend Neustiftgasse/Kellermanngasse sein Prunkzelt aufgeschlagen habe. Eine Gedenktafel mit einem reitenden Türken (Neustiftgasse 32-34) und ein Mosaik erinnern noch heute an diese Legende. In Wirklichkeit befand sich Kara Mustaphas Prunkzelt auf der Schmelz. Wohl befanden sich aber auf den Trautsonschen Gründen ein Gefechtsstand, von dem aus der Hauptangriff gegen die Burgbastei vorgetragen wurde.

Nach 1683 wurde St. Ulrich wieder aufgebaut. !741 trat der Ottakringerbach über sein Ufer und am 11. August 1835 zerstörte ein Großbrand nahezu die gesamte Ortschaft. Bis heute haben sich noch einige bemerkenswerte Häuser um die Ulrichskirche erhalten.

 

  • Neubau

 

Der Name Neubau ist seit 1550 urkundlich nachweisbar und geht auf eine Erweiterung der Siedlung St. Ulrich zurück. In den Jahren zwischen 1519 und 1546 begann man einen Feldweg, der von der Burggasse zur Mariahilfer Straße führte, zu verbauen. Dieser Feldweg wurde zur heutigen Neubaugasse. 1540 wurden weitere Häuser, vor allem auf der rechten Seite der Neustiftgasse, „Auf dem Acker“, errichtet, im späten 15. Jahrhundert auch auf der linken Seite der Neustiftgasse, nach der Kirchengasse. Diese Siedlung wurde „Neustift“ genannt. Zwischen 1550 und 1600 löste man das neue Siedlungsgebiet von St. Ulrich und es entstand die neue Vorstadt „Neubau“ mit einem eigenen Grundrichter.

Zwischen 1683 und 1770 kam es zur Verbauung der Mariahilfer Straße. Zu einer weiteren bedeutenden Straße entwickelte sich die Neubaugasse, in der auch die Familie des Grafen Andler ausgedehnten Grundbesitz besaß. 1794 wurde dieser Besitz in 30 Baugründe parzelliert, auf denen die Häuser der heutigen Andler-, Richter- und Lindengasse entstanden. Diese Vorstadt entwickelte sich wirtschaftlich besonders günstig: 1833 zählte man 328 Häuser mit 17.478 Einwohnern: Hier entstand das Zentrum der Posamentierer (Hersteller von Borten, Quasten, Fransen und Zierschnüren). In der Neubaugasse gibt es noch heute ein Geschäft, in dem man diese Gegenstände erstehen kann.

 

  • Spittelberg

 

Dieses auf einer natürlichen Terrasse gelegene Gebiet war im 15. Jahrhundert noch eine Viehweide. 1525 besaß das Bürgerspital die Grundherrschaft über Äcker und Weingärten, genannt „Zwischen den Wegen“, „Unter Felbern“ und „In der Gaispeunt“. Wesentliche Erweiterungen des Gebietes ergaben sich dadurch, dass das Bürgerspital Gründe mit anderen Grundherrn tauschte, die hier begütert waren, oder dass es Grundstücke kaufte. Der Name „Spittelberg“ (Spitalberg) ist vom Besitz des Bürgerspitals abzuleiten.

1638 übernahm Karl Freiherr von Kirchdorf die Grundherrschaft vom Bürgerspital: Er ließ die Grundtücke südlich der Neustiftgasse zu einem Pachtzins von jährlich einem Gulden parzellieren. Im Gebiet Breite Gasse/Kirchberggasse bestanden 30 Häuser, diese wurden von Ungarn und Kroaten bewohnt und bald hieß die Gegend um den Spittelberg „Crobatendörfel“ (Kroatendorf).

1683 diente die erhöhte Lage des Spittelbergs als idealer Ort für die osmanische Artillerie. Von hier wurde Wien beschossen. Später standen hier auch die Kanonen der Franzosen und 1848 die Artillerie des Fürsten Windischgrätz.

1692 kaufte das Bürgerspital die Grundherrschaft von den kirchbergschen Erben zurück. Das Bürgerspital ließ einen Verbauungsplan ausarbeiten, der vorsah, dass auf etwa 6500 Quadratmetern 120 Häuser entstehen sollten. Das dicht verbaute Gebiet zählte zu den ungesündesten Wohngebieten Wiens.

1785 zählte man 138 Häuser, in denen 6000 Menschen wohnten. 1795 erlangte die Stadt Wien die Grundherrschaft über den Spittelberg.

Bekannt wurde der Spittelberg als Ort vielfältiger Lustbarkeiten. 1785 besaßen 54 der 138 Häuser eine Schankberechtigung, doch in vielen Häusern wurde auch unbefugt ausgeschenkt.

Zur Zeit Maria Theresias erlangte der Spittelberg den Ruf einer Lasterhöhle, Prostitution und Verbrechen blühten. Die Wirte vermieteten ihre „Extrazimmer“ an die Damen des horizontalen Gewerbes. Bald nannte man die Gegend „Venusberg“. 1847 zählte man am Spittelberg 56 „Lohndirnen“ (wozu sicher noch zahlreiche „Geheime“ zu zählen waren).

1850 wurde der Spittelberg ein Teil des neuen Bezirks Neubau. In der Zwischenkriegszeit verfielen die Häuser mehr und mehr. Nach dem Zweiten Weltkrieg und insbesondere in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurden die Substandardwohnungen zu billigen Quartieren für Gastarbeiter.

Anfang der siebziger Jahre begann ein Zeitraum der Spekulationen am Spittelberg. Man wollte die alten Häuser demolieren und an ihrer Stelle Hochhäuser zu errichten. Schließlich erklärte die Gemeinde Wien den Spittelberg zur Schutzzone und ab 1975 begann die Revitalisierung der noch vorhandenen Bausubstanz. Trotz gründerzeitlicher Neubauten blieb der typische Charakter einer barocken Vorstadt bewahrt.

 

 

  • Schottenfeld

 

Das „Schottenfeld“ wurde 1777 eine eigene Vorstadt. Bis gegen Ende des 18. Jahrhunderts befanden sich hier ausgedehnte Felder und auch Weingärten, die dem Schottenstift gehörten. Ab 1717 begann man diese allmählich zu parzellieren und zu bebauen. Besonders die aufstrebenden Manufakturbetriebe ließen sich dort nieder. Kaiser Josef II. berief aus Süddeutschland Einwanderer, die die Erzeugung von Seidenzeug und Samt fabriksmäßig betrieben und Wohlstand in die Gegend brachten. 1702 gab es in Wien 20 steuerpflichtige Seidenfabrikanten. Zur Zeit Josefs II. arbeiteten hier 29 große Seidenwebereien mit rund 300 Webstühlen. 1800 arbeiteten in Wien 8000 Webstühle, auf dem Schottenfeld gab es mehr als 300 Fabriken mit über 30.000 Arbeitern. Die Hochblüte des „Brillantengrundes“, wie das Schottenfeld wegen des Reichtums der dort ansässigen Fabrikanten genannt wurde, waren die Jahre 1790 bis 1830. In den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts geriet die Seidenindustrie in eine schwere Krise, die 1848 ihren Höhepunkt erreichte und viel zur Ausbreitung der Revolution von 1848 beitrug.

1831 fielen viele Menschen des Schottenfelds der Choleraepidemie zum Opfer. Eine besondere Großtat für diese kinderreiche Gegend setzte der Arzt Ludwig Mauthner, der in der Kaiserstraße das erste Kinderspital Wiens gründete.

 

  • Alt-Lerchenfeld

 

Der Flurname „lerochveldt“ wurde 1295 erstmals urkundlich erwähnt. Er galt für ein ausgedehntes, landwirtschaftlich genutztes Areal, das bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts in landesfürstlichem Besitz blieb. Die sonnenseitigen Hänge des Lerchenfelds eigneten sich vorzüglich zur Anlage von Weingärten. Die Verbauung begann relativ spät. Erst im Lauf des 17. Jahrhunderts entstand ein kleines Dorf. Das Lerchenfeld reichte weit bis nach Ottakring und in die Josefstadt. 1704 wurde dann der Linienwall errichtet, der das „alte“ vom „neuen“ Lerchenfeld trennte. Die Stadt Wien erhielt 1810 die Grundobrigkeit über das Lerchenfeld.

1713 entstand eine kleine Kapelle, 1727 ein Gemeindehaus, 1750 ein Armenhaus, 1770 die erste Schule und 1848 bis 1861 die Alt-Lerchenfelder-Kirche, ein Hauptwerk der Romantik, die eine neue Einheit von Architektur, Plastik und Malerei vereint.

 

  • Laimgrube und Mariahilf

 

Von diesen Vorstädten liegt jeweils nur ein Teil im siebenten Bezirk, der größte Teil gehört zum sechsten Bezirk. Die Grenze der Laimgrube umfasst vor allem jenes Gebiet, auf dem die heutige Stiftskaserne steht. Den Name Laimgrube erhielt diese Vorstadt vom vorherrschenden Lehmboden, der die Anlage einer bereits 1370 bekannten Lehmgrube begünstigte.

Mariahilf ist als Vorstadt relativ spät entstanden. Diese entwickelte sich entlang der Mariahilfer Straße. Die Teile nördlich der Mariahilfer Straße, zwischen Stiftgasse und Zollergasse, kamen 1850 zum Bezirk Neubau. Dieser Teil hatte ursprünglich den Flurnamen „Grüner Anger“ und gehörte zum größten Teil dem Schottenstift, das später die Gründe mit dem Domkapitel tauschte. Das Domkaptel von St. Stephan übte dann die Grundherrschaft über die gesamte Vorstadt Mariahilf aus.

Nach der Zweiten Türkenbelagerung setzte eine rege Bautätigkeit auf dem Gebiet zwischen Stiftgasse, Zollergasse und Siebensterngasse ein, das sich auch „Im Langen Maß“ und „In den Weintögeln“ nannte. Dieser Siedlungsblock wurde dann im 18. Jahrhundert durch die Entstehung der Lindengasse geteilt.

 

 

Der liebe Augustin

Wenn man an die Anfänge eines typischen Wienerliedes denkt, so fällt meistens sofort der „Liebe Augustin“ ein. Der Bänkelsänger, der bei der großen Pestepidemie 1679/80, voll des Weins, sich auf die Straße legte und seinen Rausch ausschlief. Die Pestknechte warfen ihn in eine der schnell ausgehobenen Pestgruben bei St. Ulrich. Am Morgen stieg er dann unbeschadet aus seinem makabren „Schlafgemach“.1908 wurde dem  Lieben Augustin in der Neustiftgasse ein Denkmal gesetzt. Die Bleifigur von Hans Scherpe wurde im Zweiten Weltkrieg eingeschmolzen und 1952 durch eine Sandsteinplastik ersetzt. So entstieg dieses Original ein zweites Mal der „Pestgrube“. Das Lied aber, das vielen als Urbild des Wienerliedes gilt, entstammt einer späteren Zeit und kam erst um 1800 nach Wien.

 

 

 

Bezirksmuseum
7. Neubau

1070, Stiftgasse 8
Museumsleiterin
Monika Grußmann


Email: bm1070@bezirksmuseum.at
www.facebook.com/bezirksmuseum.neubau
Erreichbarkeit
U 3 - Volkstheater

Linie 49 - Stiftgasse


Öffnungszeiten
Mittwoch 17.00 bis 19.00 Uhr
Samstag 10.00 bis 13.00 Uhr
Geschlossen
Schulferien und Feiertage
Freier Eintritt
 
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