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KUNSTINTERVENTIONEN IM TRÖPFERLBAD

 

 Ausstellungsplakat mit Blick in den original erhaltenen Duschraum im Bezirksmuseum Wieden. Foto: Klaus Pichler, Wien Museum. Bildbearbeitung und Grafik: Sarah K. Becker.

Während die neue Dauerausstellung „Im Tröpferlbad- Geschichte(n) zu Gesundheit und Hygiene“ entsteht, wird der original erhaltene Duschraum im Bezirksmuseum Wieden im Frühling 2021 zur Bühne für künstlerische Interventionen: Vier Arbeiten setzen sich auf ganz unterschiedliche Weise mit dem Gebäude, das von 1893 bis 1978 städtisches Volksbad war, auseinander und schaffen neue Perspektiven auf die Themen Tröpferlbad und Museum.

Kombiniert werden die künstlerischen Positionen jeweils mit einem Objekt aus der Geschichte der Wiener Tröpferlbäder, das voraussichtlich auch in der anschließenden neuen Dauerausstellung zu sehen sein wird. So werden Verbindungslinien zwischen Gegenwart und Vergangenheit, Kunst und Wissenschaft sowie unterschiedlichen Ausdrucksweisen von Geschichte(n) aufgezeigt und zur Diskussion gestellt.

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Laura Stoll
THE LOST FACES | PURIFICATION
26.3.– 
12.5.2021 | Eröffnung: Fr. 26.3. und Sa. 27.3., 15–19 Uhr

!!! In reduzierter Form verlängert bis 26. 5. 2021 !!!

Laura Stoll setzt in der prozessbasierten Installation “Purification“eine ortsbezogene Variante ihrer Serie “The Lost Faces“ um. Auf den Spuren von Geschichten aus Europa und China hinterfragt sie Vorstellungen vom „Selbst“, das Verhältnis von Original und Kopie und rückt das Wasser als Medium der Reinigung und des Wandels in den Mittelpunkt.

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Marlene Hübner, Amelie Schlemmer
CHANGING CABINET
7.5.– 26.5.2021 | Eröffnung: Fr. 7.5. und Sa. 8.5., 15–19 Uhr
Künstlerinnengespräch: Mi. 19.5., 18 Uhr in Zoom, 

Zugangslink: https://us02web.zoom.us/j/89898612453?pwd=ZmM5MnhhK016aGJvZTlPVGVaQVVUUT09

Zugangsdaten:Meeting-ID: 898 9861 2453, Kenncode: 467080

 

Bei Marlene Hübner und Amelie Schlemmerwird es ganz intim. Die beiden Näherinnen und Social Designerinnen nehmen in ihrer multimedialen Installation – ganz wörtlich gemeint – den so routinierten Bewegungsablauf des Aus- und Umziehens unter die Lupe. Das öffentliche Tröpferlbad wird so einmal mehr zum Raum verschiedener Pole: Kleidung und Körper, Nacktheit und Angezogenheit, Intimität und öffentliche Zurschaustellung sowie Sehen und Gesehen-Werden.

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Christopher Frieß, Marlene Fröhlich, Leonhard Pill, Noa Schaub

WIEDEN LEAKS
4.6.– 7.7. | Eröffnung: Fr. 4.6. und Sa. 5.6., 15–19 Uhr
!!! Verlängert bis 7. 7. 2021 !!!

Künstler*innengespräch: Mi. 9.6., 18 Uhr

Das Projekt “WIEDEN LEAKS” setzt sich mit den Themen Badeanstalt, Authentizität und Museum auseinander – und stellt so einen direkten Bezug zur folgenden neuen Dauerausstellung her. Anhand von Objekten, die im Laufe der Geschichte des Tröpferlbades erstmals ins Auge der Öffentlichkeit treten, provozieren sie historische Möglichkeitsräume und lenken den Blick sowohl auf Geschichten als auch auf Geschichtsschreibung.

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Leo Mayr, Martin Weichselbaumer 
WEISSE FLAGGE

Installation | ausgestellt an der Museumsfassade
Fr. und Sa. 26.3./27.3., 7.5./ 8.5., 4.6./5.6., 15–19 Uhr
Mi. 14.4., 19.5., 26.5., 2.6., 30.6., 16.30–18.30 Uhr
Künstlergespräch: Mi. 26.5., 18 Uhr

Zugangslink

https://us02web.zoom.us/j/82693116755?pwd=TVB3cTIwTnhBekZ2RDFwUXlhNm5XZz09

Zugangsdaten:Meeting-ID: Meeting-ID: 826 9311 6755, Kenncode: 927563

Tröpferlbäder bedeuteten eine umfassende Lebensverbesserung für die Arbeiter*innen in Wien, änderten aber nichts an den vorherrschenden gesellschaftlichen Verhältnissen selbst. Die Installation von Leo Mayr und Martin Weichselbaumer spielt mit diesem Spannungsfeld und verortet das Tröpferlbad als städtische Gesundheitseinrichtung in einem größeren gesellschaftlichen Zusammenhang.

Fördergeber*innen: Museumsverein Wieden und Akademie der bildenden Künste Wien

Projektleitung: Alina Strmljan und Philipp Maurer
Idee: 
Alina Strmljan, Anna Jungmayr, Susanne Quehenberger und Vincent Weisl

Gestalterin: Sarah K. Becker (kollektiv feinformat)
Kuratorin, Texte: 
Alina Strmljan 
Pressearbeit: 
Iris Lurf, Konstanze Schäfer, Angelika Seebacher
Produktion: 
Wien Museum

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*** Information in English ***

Artistic interventions in the Tröpferlbad

From 1893 to 1978, the building of the district-museum Bezirksmuseum Wieden at Klagbaumgasse 4 was a municipal public bath, a so-called Tröpferlbad. In the originally preserved shower room, we are working on a new permanent exhibition dealing with the history (and herstory) of hygiene in Vienna. As a part of the exhibition concept, we open the Tröpferlbad to new perspectives on its history, that we want to integrate in the narratives of new permanent exhibition. Therefore, we have invited young artists to use the empty space and to deal with the topic of hygiene and museum on site. Check out the schedule below!

Schedule

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26.3. – 12.5. 2021
Laura Stoll's dissolving facial casts titled "The Lost Faces|Purification" explore water as a medium of purification and change, questioning notions of the "self" (not only) in Western traditions of thought.
Opening: Fr. 26.3 and Sa. 27.3., 15–19h

!!! In reduced version extended until 26. 5. 2021 !!!
Artist talk: We. 7.4., 18h

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7.5. – 26.5. 2021
Social designers and seamstresses Marlene Hübner and Amelie Schlemmer take a close look at the so-routine movement of changing and undressing in their multimedia installation "Changing Cabinet”.
Opening: Fr. 30.4. and Sa. 8.5., 15–19h
Artist talk: We. 19.5., 18h

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4.6. – 30.6. 2021
The project by Christopher Frieß, Marlene Fröhlich, Leonhard Pill and Noa Schaub is directly related to the following new permanent exhibition. Under the slogan "WIEDEN LEAKS" they deal with the topics of baths, authenticity and museum and show objects from the history of the Tröpferlbadfor discussion.
Opening: Fr. 4.6. and Sa. 5.6., 15–19h

!!! Extended until 7. 7. 2021 !!!
Artist talk: We. 9.6., 18h

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The installation "weiße Flagge" by Leo Mayr and Martin Weichselbaumer deals with the tension that Tröpferlbäder meant a comprehensive improvement of life of the Viennese working class, but did not change the social conditions themselves. The installation will be temporarily hoisted on the museum façade at the following times: 
Fr. and Sa. 26.3./27.3., 30.4./ 8.5., 4.6./5.6., 15–19h
We. 14.4., 28.4., 26.5., 2.6., 30.6., 16.30–18.30h
Artist talk:We. 26.5., 18h

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Please note:
Currently, the exhibitions at the Bezirksmuseum Wieden, which is run by volunteers, are in German only. During the term of the artistic interventions in the Tröpferlbad there will be a short summary of the exhibition texts in English. We're working on making the museum a more inclusive place with fewer (language) barriers - but it's a process. If you are an English speaker (and writer) and interested in volunteering at the Bezirksmuseum Wieden, please contact: bm1040@bezirksmuseum.at

We would love your support (in translating, but also concerning diverse museum-tasks)!

 

  

Gruppe Raumstation

Warum bist du Wiener*in?

Audioinstallation

In der Audioinstallation „Warum bist du Wiener*in?“ erzählen sieben Menschen über Wien als ihren Lebensmittelpunkt. Die Zuhörer*innen sitzen auf Hockern, auf denen die abgebildeten Beine einen Eindruck von der sprechenden Person geben, deren Stimme man aus dem Kopfhörer hört. Die Stimmen sprechen darüber, was das Gefühl von Zugehörigkeit mit dem Aufenthaltsstatus zu tun hat, wo und wie der Stadtraum als sicher oder unsicher erlebt wird, wer wie selbstverständlich den Stadtraum und seine Institutionen nutzt. Zwar hören wir Individuen sprechen, aber das Gesagte steht für vielfach wiederholte Lebensrealitäten.

Die Audioinstallation ist während unserer Öffnungszeiten bis Ende Juni 2021 zu hören und zu sehen.

Rosa Mayreder     

Frauenspuren auf der Wieden

Eine Wanderausstellung von Petra Unger zum 100. Jahrestages des Wahlrechtes für Frauen.

12 Fahnen mit Bildern und Biographien von außergewöhnlichen Frauen machen die vielfältige Frauengeschichte des Bezirks Wieden sichtbar und erinnern an die Vorkämpferinnen für Frauenrechte.

Kurze Erläuterungen zu Frauenbewegung und Frauenrecht vermitteln einen Einblick in die Geschichte der weiblichen Bevölkerung auf der Wieden.

 

 

Eröffnung am Mittwoch, 29. Mai 2019, 18.30 Uhr

Zur Ausstellung: Petra Unger, M.A.

Eröffnung: BezVorst Mag.aLea Halbwidl

Dauer der Ausstellung: bis 23. Oktober 2019



Adelheid Popp

Adelheid Popp. Foto: VGA



Sonntag, 17. März 2019

Tag der Wiener Bezirksmuseen

„Wiedener Wirtshäuser. Oder: Zu Gast auf der Wieden“

Die Ausstellung konzentriert sich auf zwei typische Wiedener Wirtshäuser: das Wirtshaus Engelhart, das zum Glück noch besteht und von dem wir Fotos zeigen, die Hunger und Durst machen, und das Restaurant Sperl, das geschlossen und fast zur Gänze abgerissen ist. Der Gastwirt Sperl hat dem Bezirksmuseum wertvolle Erinnerungsstücke wie Fotos Prominenter samt Autogrammen, Urkunden u.ä., sozusagen die "Wirtshaus-Devotionalien",  überlassen.


Weiters zeigen wir Fotocollagen, die die Vielfalt der gastronomischen Angebote auf der Wieden – vom Kebab-Standl bis zum Nobelrestaurant – sichtbar machen.


Wir laden Sie zu einem ganztägigen Führungs- und Gesprächsprogramm ein:

Eröffnung um 10.30 Uhr

durch Bezirksvorsteherin Mag.Lea Halbwidl

Zur Ausstellung: Prof. Dr. Harald Praschinger


13.00 Uhr: Prof. Dr. Philipp Maurer
führt durch die Sonderausstellung "Die Wieden als Erinnerungsort der Moderne"

15.00 Uhr: Prof. Dr. Philipp Maurer führt ins Tröpferlbad. Mit Geschichten zu Badekultur, Hygiene und Gesundheit im Laufe der Jahrhunderte

Dauer der Ausstellung: bis 23. Oktober 2019

 







Ausstellung

Die Wieden als Erinnerungsort der Moderne
Musik, Literatur, bildende Kunst, Philosophie von 1900 bis 1933

Ausstellungsdauer: 13. Februar bis 22. Mai 2019


Der Kulturverein Wieden beschäftigt sich seit 2012 in seinen wissenschaftlichen Arbeitsgesprächen (jeweils samstags im Café Goldegg, 1040 Wien, Argentinierstraße 49) mit der Geschichte der radikalen Moderne auf der Wieden (das Programm der Gespräche finden Sie unter unter https://basiskultur.at/veranstaltungen).


Die Zeit der Moderne: eine zusammenhängende Epoche von 1900 bis 1933, die durch den Ersten Weltkrieg und das Ende der Habsburgermonarchie nicht entscheidend unterbrochen wurde. Eine Unterbrechung, tatsächlich sogar den Abbruch der Moderne, bewirkten der österreichische und der folgende deutsche Faschismus.

Orte auf der Wieden erinnern an Persönlichkeiten und ihr Wirken für eine moderne Kunst und Kultur in unserer Stadt, an ihr Wirken für Demokratie und gesellschaftlichen Fortschritt. Orte sind Anlass, über Persönlichkeiten nachzudenken, Texte von ihnen und über sie nachzulesen und eigene Bilder und Erinnerungen in unseren Köpfen wachzurufen. Damit verankern wir unsere Geschichte an unseren Orten und in unseren Köpfen.


Die Ausstellung mit Bildern, Texten und Büchern lädt ein zum Spaziergang auf der Wieden, zur Lektüre, zum Gespräch über Kunst und Kultur sowie zum Besuch von Museen und Websites.


Die radikale Moderne der Jahre 1900 – 1930 zielte auf eine grundlegende, demokratische Neuorganisation der Kunst und der Gesellschaft ab und entwickelte aus altgewohnten Traditionen neue Kunst- und Lebensformen. Zahlreiche Akteure der radikalen Moderne lebten zumindest zeitweise auf der Wieden: Moritz Schlick war der Kopf des Wiener Kreises und seiner Wissenschaftlichen Weltauffassung, Ludwig Wittgenstein revolutionierte die Philosophie mit seinem „Tractatus logico-philosophicus“, Karl Kraus begründete mit der „Fackel“ ein Paradigma der Moderne, Anton Hanak und Siegfried Charoux schufen Plastiken für das Rote Wien und die Republik, Gustav Mahler und Arnold Schönberg eröffneten neue musikalische Welten, Georgi Dimitroff kämpfte für eine neue gerechte Welt.

Die Ausstellung verortet die Protagonisten der Moderne an ihren Wohn- oder Wirkungsstätten. Damit wird sichtbar, dass in der bürgerlichen Wohnumgebung der Wieden vieles gedacht, geschrieben, komponiert wurde, was zu gesellschaftsverändernder, gesellschaftsverbessernder, demokratischer Praxis beitragen wollte. Der Kampf um die Moderne war auch ein politischer Kampf um die Demokratie.

Die Ausstellung will das Wissen um die Wiener Moderne, die ja gerade einmal vor ungefähr 100 Jahre geschah, vertiefen. Die Ausstellung bietet einen Einblick in ästhetische und politische Denkweisen, die vom österreichischen und vom deutschen Faschismus weitgehend vernichtet worden sind, die aber seit den 1970er Jahren wieder rezipiert werden und die unsere Kultur bis heute prägen. Die Ausstellung kann nicht Details bieten, aber sie will  anregen, sich in Bibliotheken, Büchern und nicht zuletzt im Internet näher zu informieren.

Wiedener Vorträge über zentrale Themen der Wiener Moderne ergänzen und vertiefen die Ausstellung.


„Ich bin also nun ein anderer“. Die jüdische Bevölkerung der Wieden 1938-1945

Ausstellungsdauer: 12. September bis 20. Dezember 2018


Ein HistorikerInnenteam rund um Dr. Florian Wenninger und Mag.aJutta Fuchshuber hat mit finanzieller Unterstützung der Bezirksvorstehung Wieden seit 2013 die Vertreibung und Ausrottung der großen jüdischen Gemeinde auf der Wieden erforscht. Die jüdische Gemeinde der Wieden umfasste 1938 etwas mehr als 5.000 Personen, circa 10% der Wiedener Bevölkerung, was dem Wiener Durchschnitt entsprach. Zusätzlich zu den Opfern benennt die Ausstellung auch TäterInnen und ZuseherInnen.

Hervorgehoben werden jene wenigen Menschen, die ihren jüdischen MitbürgerInnen Hilfe, Zuflucht und Rettung boten. Die Ausstellung zeigt eine knappe, informative Zusammenfassung der Ergebnisse des Forschungsprojektes.

Weit umfassendere Informationen und Details bietet eine Broschüre, die unter post@bv04.wien.gv.at bestellt werden kann und die im Bezirksmuseum zur freien Entnahme aufliegt. Die Forschungsarbeit ist auch unter www.juedischewieden.at abrufbar.


Die damalige jüdische Bevölkerung war gut integriert und mehrheitlich gutbürgerlich. Synagoge gab es auf der Wieden keine, sondern es wurden die Synagogen im 5. und 10. Bezirk genutzt. Außerdem gab es ein lebendiges jüdisches Leben in zehn Vereinen. Die ForscherInnen konnten ca. 50% der jüdischen Bevölkerung namentlich identifizieren.


Die Wieden war eine Hochburg der NSDAP. Die Technische Universität galt als „braune“ Bastion, der Fanatismus antisemitischer Studenten führte bereits in den 1920er Jahren zu regelmäßigen Misshandlungen jüdischer Studierender. 1932 erreichte die NSDAP auf der Wieden das beste Wahlergebnis von Wien (31%). Die für ganz Wien zuständige „Zentralstelle für jüdische Auswanderung“ befand sich im Palais Rothschild in der Prinz-Eugen-Straße, dort, wo heute die Arbeiterkammer steht. 


Sofort nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in Österreich wurden jüdische BürgerInnen verhöhnt und erniedrigt durch die sogenannten „Reibpartien“. In den Jahren 1938 bis 1940 bereicherten sich Teile der Wiedener Bevölkerung durch Vertreibungen jüdischer BewohnerInnen und durch wilde Arisierungen, die zwar nicht von der Regierung offiziell angeordnet waren, aber von der Polizei stillschweigend geduldet wurden. Im Zuge der bald offiziell organisierten und durchgeführten „Judenfreimachung“ wurden die meisten BewohnerInnen des vierten Bezirkes in Sammelwohnungen (z.B. in der Mühlgasse 11) „umgesiedelt“ und fast immer anschließend deportiert und ermordet.

 
Bruno Kreisky ist wohl der prominenteste Wiedener. Ihm gelang die Auswanderung. Von mehr als 600 verfolgten WiedenerInnen konnte die Fluchtroute rekonstruiert werden, zum Beispiel von Otto Tausig, Gerhard Bronner, Familie Rennert und vielen anderen mehr.

 

Eine christliche Kämpferin gegen den Nationalsozialismus war die auf der Wieden wohnende und heute mit einem Denkmal vor der Paulanerkirche geehrte Irene Harand (1900 – 1975). Bereits 1935 erschien ihr Buch „Sein Kampf. Antwort an Hitler“, das sie auf eigene Kosten herausgab und in dem sie antisemitische Stereotype widerlegte. Irene Harand war Mitbegründerin der „Weltbewegung gegen Rassenhass und Menschennot“, die unter dem Namen „Harand-Bewegung“ bekannt wurde. Sie verhalf nach ihrer Flucht in die USA österreichischen Juden zu Visa für die USA, wodurch mehr als 100 Menschen vor der nationalsozialistischen Verfolgung fliehen konnten. 1967 wurde sie als „Gerechte unter den Völkern“ geehrt.

 

Nur wenige jüdische MitbürgerInnen konnten durch aktive Unterstützung von Mitmenschen als U-Boote überleben. Einer der Helfer war Karl Motesiczky (1904 – 1943). Sein Gut war Treffpunkt von Antifaschisten und Juden, er unterstützte Verfolgte finanziell und verhalf Juden zur Flucht in unbesetzte Gebiete. Nachdem er von einem Bekannten denunziert worden war, wurde Motesiczky im Oktober 1942 nach Auschwitz deportiert, wo er 1943 an Flecktyphus starb. Motesiczky wurde 1980 als „Gerechter unter den Völkern“ geehrt.

 

Die Schauspielerin Dorothea Neff (1903 – 1986) versteckte von 1941 bis 1945 ihre von Deportation bedrohte jüdische Freundin Lili Wolff in ihrer Wohnung. Sie blieb auch bei Fliegeralarm mit ihr in der Wohnung, da ihre Freundin den Luftschutzkeller nicht aufsuchen konnte. Dorothea Neff wurde dafür 1980 als „Gerechte unter den Völkern“ ausgezeichnet. Das Bezirksmuseum Wieden besitzt ihre Totenmaske, die, frisch restauriert, in der Ausstellung zu sehen ist.

 

Von den Arisierung sei nur die „Causa Wagner“ herausgegriffen. Paul Wagner, ein kleiner Juwelier in der Wiedner Hauptstraße 17, legte durch die Arisierung des Juwelierbetriebes von Israel Medlinger in der Kärntnerstraße 32 den Grundstein für die noch heute bestehende Juwelierdynastie. Die Untersuchung der Rückstellungen nach 1945 ist überaus schwierig, da der dafür zentrale Aktenbestand der Rückstellungskommission vernichtet wurde. Deshalb gibt es nur wenige repräsentative, aber durchaus erhellende Beispiele (Schikanderkino, Cafe Ostend, Seidenwarengeschäft Rechte Wienzeile 15, Johann Strauss Kino), von denen die Broschüre berichtet.

Rede zur Eröffnung der Ausstellung

„Ich bin also nun ein anderer“ – Die jüdische Bevölkerung der Wieden 1938 – 1945

von Museumsleiter Prif. Dr. Philipp Maurer

 

Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren,

 

herzlich willkommen zu unserer Ausstellung „Ich bin also nun ein anderer“ – Die jüdische Bevölkerung der Wieden 1938 – 1945. Ich danke der Bezirksvorstehung Wieden, dass das Bezirksmuseum diese Ausstellung, die auf Initiative der Bezirksvorstehung und durch ihre finanzielle Förderung entstanden ist, nun diese Ausstellung im Rahmen des Bedenkens 80 Jahre danach zeigen darf. Diese Ausstellung eröffnet die Gedenkveranstaltungen des 4. und 5. Bezirkes, die ihren Höhepunkt am Donnerstag, dem 8. November um 17.30 Uhr in einer gemeinsamen Feier am Ort der ehemaligen Synagoge in der Siebenbrunnengasse 1a in Margareten finden.

 

Ich danke dem wissenschaftlichen Team rund um Dr. Florian Wenninger, Mag.a Jutta Fuchshuber und Mag. Matthias Kamleitner, die das Schicksal der Wiedener Jüdinnen und Juden erforscht haben, die diese Ausstellung gestaltet haben und die vor allem eine umfangreiche Broschüre publiziert haben. Diese Broschüre wurde von der Bezirksvorstehung Wieden gratis verteilt und ist auch heute im Bezirksmuseum erhältlich. Nach Erscheinen dieser Broschüre haben die ForscherInnen auch eine Website www.juedischewieden.ateingerichtet, in der sie weitere Forschungs- und Diskussionsergebnisse präsentieren.

 

Geschichte, meine Damen und Herren, soll, wie der große Historiker Leopold von Ranke formulierte, darstellen, wie es wirklich gewesen ist. Das ist aber nicht so einfach, denn, wie Jorge Luis Borges in seiner Erzählung „Das unerbittliche Gedächtnis“ über einen Menschen, der sich alles, buchstäblich alles gemerkt hat, zeigt, dauert das Nacherzählen der Ereignisse so lang wie die Ereignisse selbst. Damit würde eine historische Erzählung unmöglich. Die Darstellung, Präsentation, Diskussion von Geschichte muss daher immer abstrahieren: aus Zeit, aus Raum, aus den Gedanken und Zielen der Menschen eine Auswahl treffen und das Wesentliche zeigen. Was aber für wesentlich gehalten wird, hängt von der politischen, gesellschaftlichen, sozialen Haltung des Auswählenden und von den jeweils gültigen Werten ab. Jede Zeit schreibt daher ihre Geschichte neu, jede Darstellung ist zeitgemäß bedingt, ist Parteinahme und politische Äußerung.

 

Daraus ergibt sich, dass sich auch die Orte, an denen Geschichte gezeigt, interpretiert, anschaulich gemacht wird, immer verändern, verändern müssen. So auch dieses Bezirksmuseum. Vieles wird sich ändern. Besuchen Sie uns daher immer wieder!

 

Jede Darstellung der Geschichte, sagte ich, ist auch Parteinahme. Unsere Wieden hatte bei der letzten Wahl vor dem Ständestaat, 1932, den höchsten Anteil an NSDAP-Wählern wienweit. Obwohl – besser: weil! – die Wieden den geringsten Anteil an jüdischen bzw. sich zum Judentum bekennenden BürgerInnen hatte! Auf der Wieden gab es „Tausendprozentige“ Nazis wie den Gauleiter Alfred Frauenfeld, auf der Wieden gab es die „Zentralstelle für jüdischer Auswanderung“ in einem ehemaligen Palais Rothschild, deren Leiter Adolf Eichmann in der Favoritenstraße wohnte. Aber die Wieden hatte auch einen sehr hohen Anteil an engagierten, mutigen Antifaschisten: Von den 107 in Yad Vashem geehrten „Gerechten unter den Völkern“ aus Österreich stammen drei aus der Wieden.

Einer von ihnen, der Bankierssohn und Kommunist Karl Motesicky wird in der Ausstellung der Forschungsgruppe gewürdigt. Zwei weitere, Irene Harand und Dorothea Neff, wurden vom Bezirksmuseum ergänzt. Damit legt das Bezirksmuseum ganz bewusst einen ergänzenden Schwerpunkt auf die Darstellung und Würdigung von Menschen, die Widerstand leisteten, die sich gegen unmenschliche Politik stemmten und versuchten, Leben zu retten.

 

Irene Harand, überzeugte Katholikin du bis zuletzt Anhängerin des Ständestaates, publizierte das Buch „Sein Kampf – Meine Antwort an Hitler“, in der sie den Nationalsozialismus und vor allem dessen Antisemitismus scharf kritisierte. Ihr Credo: „Antisemitismus schändet das Christentum“. Zur Zeit des Einmarsches Hitler-Deutschlands in Österreich war sie gerade auf Vortragsreise in England – sie blieb dort und wirkte in Großbritannien und den USA in antifaschistischen Organisationen mit. Der Platz vor der Paulanerkirche wurde nach Irene Harand benannt, und der Schweizer Bildhauer Stephan Hilge, Schüler von Alfred Hrdlicka und Gerda Fassel, schuf ein beeindruckendes Denkmal für sie.

 

Die große Schauspielerin Dorothea Neff, die 1934 wegen „politischer Unzuverlässigkeit“ aus dem Bayerischen Nationaltheater entlassen wurde, verbarg in ihrer Wiener Wohnung in der Annagasse vier Jahre lang die jüdischen Designerin Lili Wolff vor den Nazis. Nach dem Krieg lebte Dorothea Neff, die auch im Scala-Theater gespielt und als Mutter Courage im Volkstheater Theatergeschichte geschrieben hatte, in der Taubstummengasse. Das Bezirksmuseum besitzt Dorothea Neffs Totenmaske, die von Prof. Felix Czeipek aus der Verlassenschaft der Künstlerin gerettet worden war. Nach der Restaurierung durch Mag. Sabine Reinisch ist die Maske nun in der Dauerausstellung des Bezirksmuseums zu sehen.

 

Und nicht zuletzt erinnert das Bezirksmuseum an Bruno Kreisky, der in der Zwischenkriegszeit in der Rainergasse wohnte und auf der Wiedner Hauptstraße in der Sozialistischen Arbeiterjugend seine politische Laufbahn begann, ehe er nach Schweden emigrieren musste.

 

Wir bemühen uns, das Bezirksmuseum zu einem lebendigen Ort der Auseinandersetzung mit Geschichte zu machen. Auch ein Museum kann beweglich, veränderlich sein. Und wir wollen Information und Diskussion bieten mit unseren Wiedener Vorträgen, in denen es um die Geschichte des Bezirkes und um historische Themen von allgemeinem Interesse geht.

 

Ich freue mich über Ihr Interesse, ich danke für Ihren Besuch und hoffe auf viele anregende Gespräche hier im Bezirksmuseum Wieden.

Bezirksmuseum
4. Wieden

1040, Klagbaumgasse 4
Museumsleiter
Prof. Dr. Philipp Maurer

Tel:    01/581 24 72
        

Mail: bm1040@bezirksmuseum.at
       
Erreichbarkeit
Linie 1, Linie 62 - Johann-Strauß-Gasse
WLB (Badner Bahn) - Johann-Strauß-Gasse
13A - Johann-Strauß-Gasse
Öffnungszeiten
Dienstag 10.00 bis 12.00 Uhr
Mittwoch 16.30 bis 18.30 Uhr

Geschlossen
Schulferien und Feiertage

Freier Eintritt


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