Zur Geschiche des Bezirksmuseums
Schon am 11. Dezember besprachen mehrere interessierte Landstraßer die Gründung eines vorbereitenden Ausschusses der „Bezirkskundlichen Sammlung Landstraße“. Nach fast eineinhalbjähriger Vorarbeit trat am 11. Juni 1937 unter Vorsitz des damaligen Landstraßer Bezirksvorstehers Viktor Kainzmayer ein „Museumsausschuss" zusammen, dem als wissenschaftlicher Leiter Landesschulinspektor Hofrat Dr. Anton Becker und zu seiner Unterstützung Bezirksschulinspektor Edgar Weyrich sowie der akademische Maler Josef Engelhart angehörten.
Als Grundstock der „Bezirkskundlichen Sammlung Landstraße" waren damals schon die im Auftrag des seinerzeitigen Bezirksvorstehers Paul Spitaler (1897-1919) durch den Maler Adolf Albin Blamauer hergestellten etwa 200 Aquarelle von der Landstraße vorhanden. Diese und mehrere andere Objekte wurden in den sechs Räumen der Hauptschule Hainburger Straße 40 verwahrt.
Aber schon im Juni 1938 mussten zwei Zimmer der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV) und am 13. September 1938 zwei weitere Räume der Invaliden-Entschädigungs-Kommission überlassen werden. Damals erklärte der Leiter der Magistratsabteilung 44, Mag.-Rat Gasser dem Schulrat Kellermann, dass eine derartige Sammlung nicht zeitgemäß sei und nicht gewünscht werde. Am 5. Dezember 1938 löste der „Reichskommissar für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich“ den Verein „Bezirkskunde Landstraße“ auf und zog das Vereinsvermögen von RM 15,17 nach Einhebung einer Verwaltungsgebühr von RM 7,89 ein.
Da überdies auch die Deutsche Wehrmacht eine Schusterwerkstätte in einem der übrig gebliebenen Räume der Sammlungen einrichtete, wurde gleich zu Beginn des Zweiten Weltkrieges das Sammlungsmaterial in Kisten verpackt und von der Leitung des Historischen Museums der Stadt Wien in das Depot Weintraubengasse 13 gebracht.
Bald nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges trachtete Hofrat Dr. Becker, seine Lieblingsidee zu verwirklichen und das Landstraßer Heimatmuseum zu errichten. Im Jahre 1948 gelang es Hauptschuldirektor Hans Pemmer, einen Ausschuss der Museumsfreunde zu gründen.
Am 24. Februar 1949 fand die Konstituierung des „Vereines zur Erhaltung und Förderung des Landstraßer Heimatmuseums" im Sitzungssaal der Bezirksvorstehung Landstraße statt. HR Dr. Becker wurde Ehrenpräsident, zum Obmann wurde Bezirksvorsteher Josef Pfeifer gewählt und Hans Pemmer übernahm das Amt des Geschäftsführenden Obmanns.
Am 19. Juni 1949 wurde das Museum im ersten Stock der ehemaligen Mädchen-Hauptschule Rochusgasse 16 in Anwesenheit des Kulturstadtrates Dr. Matejka, aller Landstraßer Gemeinderäte, des gesamten Ausschusses und zahlreicher Gäste eröffnet. Hans Pemmer und sein Mitarbeiter der ersten Stunde Franz Englisch hatten den Ausstellungsraum mit 172 Ansichten von der alten und der neuen Landstraße, darunter mehr als einhundert Arbeiten Adolf Blamauers, eingerichtet.
In der Folge wurde das Werk des Medailleurs Prof. Arnold Hartig, das Wirken des Volksarztes Dr. Oskar Bohr und des Flugpioniers Jakob Degen ebenso gezeigt wie Ausstellungen über berühmte Tote des St. Marxer Friedhofes, Gast- und Vergnügungsstätten der Landstraße, Landstraßer bildende Künstler und die Bewohner der Ungargasse.
Am 1. Dezember 1956 wurden die neu gestalteten Räume des Landstraßer Heimatmuseums an seinem nunmehrigen Standort Sechskrügelgasse 11 eröffnet. Hans Pemmer hatte das neue Museum nach topographischen Gesichtspunkten so geordnet, dass drei Räume der Landstraße, zwei den Weißgerbern und zwei der Vorstadt Erdberg gewidmet waren. Alt- und Neu-Erdberg“, „Der Graphiker Marquis Bayros und sein Werk“ sowie „Der Geograph Friedrich Simony“ waren in den folgenden jähren ebenso Publikumsmagneten wie heimatkundliche Vorträge und Führungen durch den St. Marxer Friedhof, die damals von Franz Englisch angeboten wurden.
Das Amt des Archivars hatte 1956 Wilhelm Muzicek übernommen, dessen System noch heute verwendet wird; die beiden Kustoden Franz Göttlicher und Heinrich Sekora verfertigten gemeinsam die noch in unserer Sammlung befindlichen Dioramen „Die St. Marxer Linie“, „Der Wiener Neustädter Kanal" und „Die Verbindungsbahn bei der Landstraße“.
Franz Göttlicher war ein begnadeter Fotograf, dessen Bilder ein wertvoller Bestandteil unseres Fotoarchivs sind. Der Hauptschuldirektor Paul Sekora machte sich mit seinen für das Museum geschaffenen Aquarellen verdient. Überdies verfasste er zahlreiche Artikel für die ab 1964 erstmals gedruckten „Mitteilungen", deren Schriftleitung er ab 1967 innehatte.
Franz Göttlicher, Paul Sekora, Prof. Hans Pemmer
Nach dem Tod Prof. Hans Pemmers übernahm Paul Sekora die Museumsleitung. Ihm ist es zu verdanken, dass die Museumsmitteilungen, die bis 1977 herausgegeben wurden, vielfältig und reich bebildert wurden.
Ab 1978 leitete Hofrat Dr. Helmut Lang die nunmehr als „Bezirksmuseum" bezeichnete Institution. Er gestaltete mit Hilfe der seinerzeitigen Zentralsparkasse den Vitrinenraum neu. Bereits nach eineinhalb Jahren erkrankte er aber so sehr, dass er seine Mitarbeit beenden musste. Ab November 1979 leitet Karl Hauer das Bezirksmuseum Landstraße; erst nach und nach veranstaltete er hier Sonderausstellungen, um einen größeren Personenkreis anzusprechen.
Quelle: Karl Hauer: Bezirksmuseum Landstraße. Wiener Geschichtsblätter Beiheft 2/2003